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Rap gegen das Vergessen

 

Janine Webber ist 86 Jahre alt und kommt aus dem ehemaligen Lwów in Polen. Sie ist Jüdin und überlebte als Einzige aus ihrer Familie den Holocaust. Ein Junge mit Namen Edek versteckte das damals neun Jahre alte Mädchen. Nun widmete sie ihrem Retter einen Song: in einer Mischung aus Spoken Word Poetry und Rap erzählt sie die Geschichte ihres Überlebens.

Dass gerade das Rap-Genre gewählt wurde, ist es aus zweierlei Gründen ungewöhnlich: Janine Webber ist alt. Und Rap gilt gemeinhin als Jugendkultur, als Sprachrohr für die Ungehörten und Übersehenen. Zudem sorgten mehrere bekannte Künstler jüngst, wegen zunehmender antisemitischer Ressentiments, für Diskussionen. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, entschieden sich das National Holocaust Center and Museum zusammen mit dem Künstlerkollektiv Green Cave People, Webbers Geschichte in Form eines Rap-Songs zu erzählen. Der Song ist auch eine Reaktion darauf, dass immer mehr Jugendliche in Großbritannien nur noch wenig Bezug zum Holocaust haben. Um diese junge Zielgruppe zu erreichen, setzten die Macher auf schnellere Kommunikationswege – Hashtags und Sprechgesang.

Sie brachten dafür den Londoner Musiker Kapoo und Janine Webber in ein Studio, wo Webber zunächst ihre Geschichte erzählte.

Im Video wechseln sich Webber und Kapoo mit der Performance ab: Sie erzählt in nüchternem Ton und er transferiert das Gesagte in Sprechgesang. Die Bilder verschwimmen dabei zwischen Reenactments ihrer Vergangenheit und Aufnahmen des Studioaufenthalts.

 

Holocaust-Gedenken: Rap gegen das Vergessen

Der fertige Song erschien im November 2018 und wurde auf dem Videoportal Vimeo veröffentlicht. Der Kurzfilm wurde an Schulen in Anwesenheit von Janine Webber gezeigt, die danach die Fragen der Schülerinnen und Studenten beantwortete. Viral ging das Video am 27. Januar 2019, dem Internationalen Gedenktag der Opfer des Holocausts.

Für ein AMA (ask me anything; deutsch: Frag mich alles) unterhielt sich Webber mit der Netzgemeinschaft auf Reddit und war überrascht von der Resonanz.

Die Nutzer wollten beispielsweise wissen, was sie gegen die Langeweile im Versteck tat.

 

Oder ob sie versucht hatte, den Helden ihrer Geschichte, Edek, wiederzufinden.

 

 


Janine Webber hat ein weiteres AMA für die nächsten Wochen angekündigt.