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Salz im Kaffee der Besserbürger

 

James Hoffmann weiß alles über Kaffee. Sein Wissen und seine Experimente teilt er auf YouTube. Willkommen in der Vorhölle aus Geschmacksknospen, Pipetten und Mikrogrammwaagen.

Manchen Menschen ist Kaffee völlig egal. Ob Filter, Espresso, 1-Euro-Automat – spielt alles keine Rolle, Hauptsache ist, der Kaffee ist heiß und wie eine warme Backpfeife, die einen in den Tag schickt. James Hoffmann ist Kaffee nicht egal. Nicht nur nicht egal, James Hoffmann hat dem Heißgetränk einen ganzen YouTube Account gewidmet und zieht es am Henkel der Tasse in snobbige Höhen.

In einem seiner neuesten Videos geht er der „Magie von Salz in Kaffee“ nach. Wir sehen eine Pour-over-Kaffeekanne (Glas), zwei Tassen, eine Waage, eine braunes Pipettenfläschchen und eine Dose Salz. Der senfgelbe T-Shirt-Kragen passt optimal zur Brille und der Salt-and-Pepper-Wollpullover optimal zum Salt-and-Pepper-Haar. Im Hintergrund allerlei Objekte für Stilbewusste.

Zunächst erklärt er in einem kurzen Exkurs die Basics der Geschmacksrichtungen: süß, sauer, salzig und umami. Für Hoffmann gibt es noch mehr (unter anderem der Geschmack von Hitze), möchte dies aber nicht weiter ausführen. (Puh.) Dass die Geschmäcker untereinander neue, differente Geschmackserlebnisse erzeugen können, ist die Grundlage seines Salz-versus-bitterer-Kaffee-Videos.

Über neun Minuten und 38 Sekunden erklärt und testet und werkelt er an den Gerätschaften. Immerhin: Hoffmann dehnt das Video nicht über die zehn Minuten Grenze hinaus, um dann Werbung im Video schalten zu können. Das gibt Pluspunkte. Eine der beiden, mit schauderhaftem Instantkaffee befüllten, Tassen, wird mit Salzwasserlösung aus der Pipette bearbeitet. Sein Fazit: „That is … better. But it is noticably salty to me.“ Es ist also besser, schmeckt aber jetzt nach Salz. Ist das jetzt schon die Magie?

Das muss besser gehen. Es gibt noch einen Instantkaffee, der so basic und furchtbar ist, dass vielleicht nur Salz noch helfen kann. Nescafé Original. Das Ende des Geschmacks. Vermutlich ist dies die Stelle, an der dem Zuschauer RPMshottenheimer die zündende Idee zu folgendem Kommentar kam:

I’m imagining James found out about salt in coffee by accidentally crying into a Nescafe cup once.

Richtig gern mag James Hoffmann den Kaffee wirklich nicht. Aber der kurze Einblick in die Historie von Salz im Kaffee überzeugt um nicht an die Tränen-Theorie zu glauben. Dann streut er endlich das Salz ein und es entsteht doch noch so eine Art Suspense. Kann Salz ihn vor einem weiteren Horror-Schluck bewahren? Wird es besser sein?

It’s pretty magical!“ Man atmet auf. Der Kaffee ist geschmacklich ausbalanciert. Und das mit dem billigsten, ja allerbilligsten Salz. Kein französisches Fleur de Sel oder Wüstensalz aus der Kalahari. Nein, dem billigsten Kaffee kann man nur mit dem billigsten Salz entgegentreten.