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Dädädädä-Däng, Dädädädä-Däng!

 

Was kommt denn da aus München? Musik wie eine Wand von der Band Couch. Kein Gesang, dabei großmäulig wie nur was. „Figur 5“ ist massiv, wuchtig, laut und, ja, fein

Cover Couch

Ja, hier geht es gleich richtig los. Kein Auftakt, kein Luftholen, kein Zögern. Ganz plötzlich ist da diese Wand aus Klang, aus Gitarre, Bass und Schlagzeug. Dädädädä-Däng, Dädädädä-Däng, die Boxen scheppern übersteuert. Eine zweite Gitarre malt verschleppte Muster in den Sand, bremst das Stück, lässt es wieder frei, übernimmt schließlich erneut die Führung. Gegen alles bereit heißt das Lied, schon der Titel scheint zu sagen, „Freunde, wir machen hier unser Ding. Folgt uns, oder lasst uns in Ruhe!“

Man sollte ihnen besser folgen. Gegen alles bereit eröffnet Figur 5, die neue Platte der Münchner Band Couch. Die anschließenden acht Stücke sind nicht weniger massiv. Dreimal steht der Name der Band vorne auf der Plattenhülle, das passt. Figur 5 stellt sich einem monumental in den Weg, reißt den Gehörgang auf und bricht sich den Weg in den Schädel. Auf dem lauten, stabilen Fundament aus Rhythmus liegt jeweils eine einschmeichelnde Melodie, meistens gepielt von der Gitarre, seltener vom Keyboard.

Selbstbewusst zitieren Couch aus allen Dekaden des Rock, des Metal, des Jazz. Die Hi-Hat scheppert fast durchgängig, der Bass grummelt ganz tief, die Gitarren kreischen. Aber Couch transformieren die großmäuligen Melodien, die angeberischen Gitarrenmuster und die komplexen Arrangements in ihren eigenen Kosmos, verzieren sie mit feinsinnigen Keyboard-Stickereien und Originalität. Und vor allem: Sie bleiben instrumental. Die Stimme fehlt an keiner Stelle, weder die Schreie eines Rocksängers noch ein zartes Indierockfrauenstimmchen würden überhaupt zu ihrer Musik passen. Die ist sich selbst genug.

Das Schlagzeug wurde an einigen Stellen durch digitales Dengeldongel ersetzt. Warum bloß? Schlagzeuger Thomas Geltinger ist einer der pfiffigsten und präzisesten seines Fachs, er hätte solche Spielereien nicht nötig. Bei Zwei Streifen im Blau fallen ein dumpfes Elektroschlagzeug mit künstlichem Hall und digitales Klatschen heraus. Das Geknarze im balladesken Stück Blinde Zeichen klingt regelrecht billig. Das ist ein Einwand, aber nur ein kleiner.

Der Rest ist mitreißend. Bereits die Titel der Stücke sind außergewöhnlich, rufen Assoziationen hervor. Bei Zwei Streifen im Blau erscheint ein Düsenjägerpärchen am Frühlingshimmel, Einhängen und positiver klingt nach einer erfolgreichen Fernbeziehung, Alles sagt ja weckt das Gefühl des ersten Sonnentages nach wochenlangem Regen.

Im Jahre 2001 war ihr letztes Album Profane erschienen, gelangweilt hat sich die Band seitdem nicht. Bassist Michael Heilrath spielte mit dem Tied & Tickled Trio, Keyboarderin Stefanie Böhm mit MS John Soda. Die fünf Jahre Bastelei haben sich gelohnt. Figur 5 ist ein präzise eingespieltes Album voller Ideen.

„Figur 5“ von Couch ist als LP und CD erschienen bei Morr Music.

Hören Sie hier „Gegen alles bereit“

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