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Einfach ehrlich schön

 
Die Gruppe Slut aus Ingolstadt lässt Sägen und Trompeten dröhnen. Ihr Album „StillNo1“ gleitet vom Kitsch in die Kapitalismuskritik und läuft zügellos geradeaus.

Slut

Slut kommen aus Ingolstadt, bayrische Kleinstadt, 120.000 Einwohner, Hochburg der CSU. Das Provinzielle wird in der deutschen Rockmusik gern thematisiert. Erst kürzlich sangen Die Türen eine ironische Hymne auf die „Indiestadt“ Münster und auf die Fluchtgedanken, die einen dort umtreiben („Ich will in die große Stadt / Ich hab die kleine satt“).

Slut sind für die Aufnahmen ihrer neuen Platte vom bayrischen Weilheim nach Berlin gezogen und haben dort ein wundervolles Album produziert. StillNo1 heißt es. Der Sänger Christian Neuberger sagt: „Bei der Produktion herrschte große Zügellosigkeit.“ Noch vor einem Jahr hatte die Band die Dreigroschenoper von Kurt Weill und Bertolt Brecht für das Ingolstädter Schauspielhaus vertont – minimalistisch, sparsam instrumentiert.

Auf StillNo1 aber dröhnen die singenden Sägen, breiten Gitarren, Trompeten, Xylophone und Synthesizer. Ein neues Spielfeld habe man sich da geschaffen, schreibt Neuberger über die Platte. Man habe kein Konzept für das neue Album gehabt, außer den Wunsch, den Minimalismus über Bord zu werfen. Das ist gelungen.

Über der Musik schweben Neubergers Texte ohne Ironie: „If I had a heart / I would award it / If I had a soul / it was cold“, heißt es in einem Lied, das vom Verlernen der Liebe handelt. Das ist alles einfach und geradeaus. In dem Stück Ariel übt Neuberger sanfte Kapitalismuskritik: „We’re tought to think economic / if we don’t do it for money it’s like we don’t do it for all“. Es gibt Liebeslieder am Rande des Kitschs wie Failed on you und Wednesday. Und hin und wieder werden die Großen grob zitiert: Tommorow will be mine erinnert an die Beatles, Come On an Isaac Hayes.

Was anderswo störend wäre, passt zu Slut. Der Hörer sucht gar nicht nach einem ironischen Bruch oder besonderen Kniffen. Die Platte ist ehrlich und voller Begeisterung für die Musik. Das ist schön.

Beim Auftritt im ausverkauften Hamburger Knust stand Christian Neuberger am Mikrofon, die Gitarre umgeschnallt, und sang seine Lieder mit der Begeisterung eines 14-Jährigen und den Gesten einer Operetten-Diva. Gegen Ende des Auftritts spielten Slut eines ihrer ersten Stücke. Eine Rocknummer, wie gemacht für die Provinz, in der sich die Jugend an Busstationen trifft, um von der Welt zu träumen und Händchen zu halten.

Auf der Homepage der Band steht, was sich Slut vorgenommen haben: Don’t talk, just play. Auch das ist schön.

„StillNo1“ von Slut ist als CD und LP bei Virgin/EMI erschienen.

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