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Londoner Dingel-Dongel

 

Subway laden ein zu leichter Gymnastik am Samstagabend. Das ist Musik für den Tanzboden: gesichtslos, meditativ und gut

Cover

 
Subway – Simplex
 
Von dem Album: Subway II Soul Jazz Records 2009

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Welch unpassender Name: Subway nennen Alan James und Michael Kirkman ihre Band. Das klingt nach New York, nach Punk, nach Fast Food. Aber nach einer Einladung zum Tanz? Nein.

Aber genau das ist ihr Album Subway II: ein Schwitzhallenfüller, eine unverhohlene Aufforderung zu leichter Gymnastik am Samstagabend. Die beiden Musiker kommen aus dem Osten Londons, noch immer die Himmelsrichtung der britischen Hauptstadt, aus der es am rhythmischsten wummert.

Und Subway wummern nicht nur. Es geht schon alles auf die four, doch oft stampft die nicht auf den floor, sondern schraubt sich in luftige Höhen. Tanzt durch die synthetischen Sphären der mittelfrühen Pink Floyd, schleicht sich ein in die Schaltkreise Giorgio Moroders und Kraftwerks und krautrockt durch ganz alte House- und Technoschuppen. Hot Chip, DFA und Carl Craig seien Fans von Subway, heißt es. Was bedeutet das? Vor allem wohl, dass Alan James und Michael Kirkman sich auf alles beziehen, was gerade angesagt ist. Und es mit dem Instrumentarium der Stunde aufnehmen: Beinahe jeden analogen Synthesizer, der in den vergangenen 50 Jahren gebaut wurde, bringen sie zum Schwingen.

Subway II entwickelt einen faszinierenden Sog, hat manchmal eine fast meditative Wirkung. Vielleicht deshalb, weil die neun Stücke erstaunlich schematisch zusammengebaut sind. Alle paar Vierviertel kommt ein neuer Klang: 16 Takte Wabern, dazu dann 16 Takte Kratzen. Nach 32 Takten ein Bass, wieder 16 Takte drauf ein Klicken, dann das Bumm-Tschack, später Zischeln, Flirren, Dingeln, Dongeln. Schließlich verschwindet das Bumm-Tschack, kommt wieder. Und so weiter. Man vermeint bunte Klangspuren auf einem Computermonitor vorbeiziehen zu sehen, mal ist eine Tonspur aktiv, meist vier oder fünf, manchmal mehr. The Orb haben das vorgemacht, sie feiern heuer ihren 20. Geburtstag.

Subways Klänge sind so anmutig wie gesichtslos. Aber wer braucht heute noch Gesichter? Die Zeit der Stars auf der Tanzfläche ist wohl vorbei. Subway verschwinden hinter dem Flirren ihrer Lieder. Sie machen Musik, bei der man im Club nach dem Interpreten fragt, den Namen auf dem Heimweg vergisst und darauf vertrauen kann, dass das Stück kommende Woche wieder läuft. Insofern ist der Name der Band natürlich gleich, solange ihre Musik nur gut klingt.

„Subway II“ von Subway ist auf CD und LP erschienen bei Soul Jazz Records

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