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Der Clan meditiert

 

Der Wu-Tang Clan hat die Band The Revelations ins Studio eingeladen. Das Resultat heißt „Chamber Music“ und ist klassischer HipHop im besten Sinne

Cover

 
Wu-Tang Clan – Radiant Jewels (featuring Raekwon, Cormega and Sean Price
 
Von dem Album: Chamber Music Universal 2009

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Manchmal verschatten die Glanzleistungen der Vergangenheit die Gegenwart. Wohl keine HipHop-Band der Welt hat sich die Messlatte in dieser Hinsicht höher gelegt als der Wu-Tang Clan. Mit seinem Debüt Enter The Wu-Tang (36 Chambers) nahm das Rap-Kollektiv aus Staten Island, New York, 1993 die HipHop-Welt im Handstreich und führte eine ganz neue Ästhetik ein: Auf bedächtig schleppenden, kratzenden Beats türmten sich Sechziger-Jahre-Psychedelia, Bluesstimmen, streicherselige Soulsamples. Ein Konzept, das der Chefarchitekt der Gruppe, RZA, seitdem immer wieder recycelte – und das schließlich in die Gefahr geriet, zum bloßen Selbstzitat zu verkommen.

Nun musste – schon um den eigenen Mythos zu retten – etwas Neues her: RZA hat eine Liveband ins Studio geladen. Unter seiner Ägide bauen The Revelations aus Brooklyn düster-atmosphärische Klangskulpturen, deren Herstellung einst nur über das Schichten alter Soulnummern und Kung-Fu-Film-Soundtracks denkbar war.

Chamber Music heißt das Resultat: Kammermusik. Dabei spielt nicht nur der Name auf die goldene Frühzeit des Clans an. Nein, das neue Werk schlägt tatsächlich den Bogen zur viel gepriesenen Wu-Tang-Klassik, es beeindruckt durch bluesgetränkte Intimität, und es erzeugt einen 36-minütigen meditativen Klangteppich für RZAs Privatkosmologie: Rap gerinnt da zur Kung-Fu-Disziplin, Buddha wird zur Battle-Geheimwaffe, und New Yorks Staten Island erweist sich als Shaolin-Kloster.

Jedoch, Ghostface Killah, Raekwon, Killah Priest und ein Dutzend anderer Wu-Tang-assoziierter Rapper reimen hier nicht nur Spirituelles. Das Album zeigt, dass die ästhetisch-musikalischen Metaphern des Clans nun offensichtlich auch wunderbar als Livemusik funktionieren

„Chamber Music“ von Wu-Tang Clan ist erschienen bei E1 Music/Universal

Dieser Text ist der ZEIT Nr. 31/2009 entnommen.

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