Neil Diamond hat seine Lieblingssongs neu interpretiert. Sein Cover-Album „Dreams“ versammelt Evergreens von den Beatles über Elton John bis Gladys Knight.
Manchen Musikern werden Tribute-Alben gewidmet. Und manche nehmen selber welche auf.
Neil Diamond beispielsweise, wackerer Bewahrer des großen, zweisamen Wir, bald 70-jähriger Hüter der Ballade als Beziehungsbeschreibung und -kitt, letzter Hersteller von Kaminfeueratmosphäre für Langzeitpärchen, hat auf seinem Coveralbum Dreams genau die Songs gesammelt, die er nicht besser machen könnte, aber schon immer mal gern gesungen haben wollte.
Unter das Beatles-Stück Blackbird legt er eine irische Fidel, lässt seine Stimme bei der Zeile „learn to fly“ andächtig flattern und gibt dem Stück so das Pathos, das die Liverpooler ihm stets verwehrten. Er singt den wunderschönen Love Song auch nicht schlechter als Elton John und hebt bei Let It Be Me beschwörend die Hand in Richtung Gesicht – sehen kann man das nicht, aber hören.
Ain’t No Sunshine und Gladys Knights Midnight Train To Georgia säubert er vom Soul und dickt sie mit Schmalz an, er schmachtet, er schmeichelt, die Geigenarrangements helfen ihm dabei. Wenn es nicht so abwegig wäre, könnte man hinter alldem einen gewissen Schalk vermuten, schließlich covert er mit I’m A Believer sein jüngeres Songwriter-Ich, nur langsamer und bedächtiger.
Dreams ist die feierliche Wiedereröffnung eines verwaist geglaubten Plattenladenfachs. Solcherlei Liedgut nennt man, mit allen negativen und positiven Konnotationen: Evergreens.
„Dreams“ von Neil Diamond ist erschienen bei Sony Music.
Aus der ZEIT Nr. 47/2010