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David Lynch, übernehmen Sie!

 

Zerfressener Rockabilly trifft auf Sehnsuchtsmelodien und die Möglichkeiten der Generation Facebook: „Badlands“ von Dirty Beaches löst ein schaurig-schönes Kribbeln aus.

Wenn die Lichter ausgehen im großen amerikanischen Kino, dann hört sich die Musik nach schwerem Getöse an. Als trouble in the heartland hat Bruce Springsteen diesen Moment in einem seiner überlebensgroßen Songs festgeschrieben, Badlands ist jetzt nicht ganz zufällig der Titel eines neuen Albums, das sich diesen sinistren Sphären widmet.

Am Anfang ist das Lärmen, nach einer halben Minute beginnt die Stimme Zhang Hungtais weit hinten durch den Song Speedway King zu geistern, als hätte man Elvis Presley direkt nach der Aufnahme von Mystery Train gekidnappt und jetzt wieder auf Vinyl ausgespuckt.

Der Sänger und Gitarrist Zhang Hungtai ist in Taiwan geboren und hat in den acht Stücken seines Debüts einmal die Welt umrundet: Da treffen Memphis/Tennessee 1953, New York 1977, Berlin 1981 und Montreal 2011 im Sound eines alten Kassettenrekorders formvollendet aufeinander. Im schönsten Song des Albums, Lord Knows Best, übernimmt ein Françoise-Hardy-Sample aus dem Jahr 1967 die Regie.

Der Rock-’n‘-Roll-Nomade Hungtai spielt die Rolle des Crooners, der den Herrgott zum Kronzeugen seiner Liebe macht. Badlands 2011 ist der Ort, an dem zerfressener Rockabilly auf ewige Sehnsuchtsmelodien und die Möglichkeiten der Generation Facebook trifft. Lights out tonight, Loops kribbeln im Bauch. David Lynch, übernehmen Sie!

„Badlands“ von Dirty Beaches ist erschienen bei Zoo Music.

Aus der ZEIT Nr. 15/2011