Mit Dialekt, Humor und Steirischer Knopfharmonika mischen die Attwenger den Pop auf. Nach sechs Jahren Pause melden sie sich mit dem Album „Flux“ zurück.
Was machen Attwenger? Die Plattenfirma nennt sie ein GrooveSlangPunkDuo. Die Attwenger-Hälfte Markus Binder beschreibt die Musik im Waschzettel so: „Rock n Roll & Swing, Turbopolka & Speedlandler, Synthie & Geschichten, Brass & Kantri, Dschakkabum und gelegentlich auch langsam.“ Von nördlich der Alpen fällt der Zugang nicht leicht, denn die Herren Binder und HP (Hans Peter) Falkner singen Oberösterreichisch. Oder sowas: „Nicht vorrangig wird Dialekt hier als Transporter von Inhalten verstanden, sondern als Terrain fluxierender Bedeutungen.“ (Binder)
Als was? Flux heißt die neue, in 20 Monaten und fünf Studios in Wien und im heimischen Linz entstandene CD. Flux lässt sich einerseits deutsch (pardon, österreichisch) lesen als „flugs“, also rasch, schnell, wie im Fluge, ist aber andererseits ein Synonym für das, was in der Psychologie und vielen Musikstilen flow heißt, Fluss also, das Aufgehen in Melodie und Rhythmus, Hier und Jetzt. Und Flux ist eine Anspielung auf die in den sechziger Jahren unter anderen von George Maciunas entwickelte Kunstströmung Fluxus: Aktion und Spiel, Collage und Improvisation, Zen und die Kunst, Glühbirnen an Plexiglaswände zu werfen. Joseph Beuys ist der in Deutschland bekannteste Vertreter.
Bei Attwenger äußert sich die intelligente Verspieltheit des Fluxus zuvörderst in der Sprache. „Stichwort: Verbalisierung des Sounds, Rhythmisierung des Denkens“, schreibt Binder, „falls jemand einen Begriff für diese Sprache braucht, dann: verspielte Sprache, herrschaftsfreie Sprache.“ Frühere Alben hießen Dog, was außer Hund auch Tag meint, oder Song, also sagen. Einsilbig betitelt waren sie alle, auch die Texte prägt das Prinzip Stakkato. Kleine, lustige, schnelle Sätze, sagt Schlagzeuger und Elektroniker Binder, „das ist Rock’n’Roll, und das ist auch G’stanzel-Singen“. Falkner ergänzt: „Dialekt ist kürzer mit demselben Inhalt – und man kann präziser sein.“ Auch die Stimme ist, rapmäßig, ein Perkussionsinstrument.
Große Sätze entstehen wie nebenbei, zum Beispiel der: „Ohne bam is da woid a laare gstettn“, also: Ohne Baum ist der Wald eine leere Stätte, im Lied One. Frühere Exkurse ins Protestliedhafte unterbleiben, nur Mief karikiert den Spießer, der „schdingt wia a haufm dode fisch“, „vo wien bis münchen oba a von hongkong bis paris – feel the mief“. Das Attwenger-untypisch langsame Fressn gibt sich trotzig: „Du kaust mi auschrein und di aum kopf schtön, und es wird nix bringa.“ Lakonie weht durch die Zeilen der 17 Nummern, und das Wort „Schmäh“ hat einen Gastauftritt (in Proberaum).
Musikalisch spielen Attwenger mit Anklängen an Alpen und angelsächsische Popkultur. Da heißt ein Lied Kantri, ist ein Landler – und wir merken: Schon das Wort ist eigentlich dasselbe. Dazu spielt Falkner seine teilelektrifizierte Steirische Knopfharmonika, manipuliert wie das Klavier des Fluxus-Komponisten John Cage. Hinzu kommen Bubberbässe, Synthiebläser und elektronisches Alpenglühen. Und in Swing djangot eine Gipsyswinggitarre (als Gast: Harri Stojka).
Nach akustisch reduzierten Anfängen und Hip-Hop-Experimenten in den Neunzigern sowie zuletzt reichlich groovigem Elektrogedaddel ist jetzt nach sechs Jahren Pause ein rockig-elektropoppiges Album erschienen, mit dem Attwengerschen Neog’stanzl als Grundierung. Man nehme die Eröffungsnummer Shakin‘ my brain, die doch tatsächlich den Klassiker Blue Suede Shoes zitiert: „Vabrenn mei heisl, schtü mein wong, dring mein schnops, owa lass da song – I mog an bedasü“. Letzteres heißt Petersilie.
„Flux“ von Attwenger ist erschienen bei Trikont. Hier gibt’s die Konzerttermine.