Klingt wie eine verschollene Perle aus der Frühphase des Chicago House: Das Quartett Azari & III aus Toronto zitiert sich durch die Geschichte der elektronischen Clubmusik.
Um einen Schritt nach vorne zu machen, muss man manchmal zwei Schritte zurück gehen. Der jüngeren Popmusik bietet die Vergangenheit einen scheinbar unerschöpflichen Fundus verschiedener Stile. Im Jahr 2009 erschienen etwa die Singles Hungry for the Power und Reckless (With Your Love) von dem Quartett Azari & III aus Toronto. Sie zeugten von großer Leidenschaft für die Frühphase des Chicago House Anfang der Achtziger. Beim ersten, vielleicht nicht ganz genauen Hören konnte man Hungry for the Power gar für eine verschollene Perle von damals halten.
Die Produzenten Dinamo Azari und Alixander III sowie die Sänger Fritz Helder und Cedric sind an einer Zeit interessiert, als die elektronische Clubmusik noch in den Kinderschuhen tanzte. Mit einem treibenden Beat, eingänglichen Akkorden und dem androgynen Soulgesang Cedrics erteilte Hungry for the Power allen Spätgeborenen eine Lektion in Sachen Oldschool-House. Als sich die Band dann auf Pressefotos auch noch in Vintage-Kluft präsentierte, war die Mimikry perfekt.
Nun erscheint das selbst betitelte Debüt von Azari & III. Überraschenderweise ist es kein Poesiealbum für das Chicago von Vorgestern geworden. Zwar bleibt House der kleinste gemeinsame Nenner der elf Tracks, jedoch bedienen sich die Nostalgiker großzügig im Gemischtwarenladen der elektronischen Tanzmusik. Hier ein paar quietschende Acid-Basslinien, dort ein bisschen Italo-Schmalz, da eine Prise gebrochener Elektro-Beats. Etwas zu viel des Guten: Der inflationäre Einsatz musikalischer Stereotype wirkt ziemlich angestrengt.
Aus den Clubzitaten setzen Azari & III narrative Tracks zusammen. Es sind abenteuerliche Streifzüge durch die Nacht mit einer unvorhersehbaren Folge an Höhen, Tiefen, Wendepunkten und Abschweifungen. Was in Moll beginnt, kann nach einem Wechselbad der Gefühle durchaus in Dur enden. Seinen Tiefpunkt findet der ständige Stilwechsel in einem Stück mit dem programmatischen Titel Undecided. Wenn die Musik hier auf enervierende Weise immer wieder in eine neue Richtung gepeitscht wird, hilft auch die offensichtliche Ironie, die dahinter steht, nicht mehr.
Obwohl das Album etwas überladen wirkt – schlecht sind Azari & III keineswegs. Sie nehmen den Hörer mit auf unheimliche Drogentrips (Tunnel Vision) und haben mit der erbaulich pumpenden House-Hymne Into the Night sogar einen neuen Hit geschaffen. Ein Quartett mit Potenzial. Nur im Gemischtwarenladen sollten sich Azari & III etwas zurückhalten.
„Azari & III“ ist erschienen bei Loose Lips Records/Cooperative Music.