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Perfekt, um in den Herbst zu tanzen

 

Dan Snaith ist einer der feinsten Dance-Produzenten dieser Tage. Als Caribou brachte er 2010 ein wunderbares Album heraus, jetzt kommt „Jiaolong“: Afro-Funk-Soul-Tech-House!

© Nitasha Kapoor/Alive

Hat sich Arjen Robben eine Zweitkarriere als DJ aufgebaut? Nicht ganz, sein Doppelgänger heißt Dan Snaith. Der ist nicht nur DJ, sondern auch noch einer der feinsten Dance-Produzenten dieser Tage. Als Caribou schaffte es Snaith 2010 in die Jahresbestenlisten: Swim war eine der großen Konsensplatten des Jahres. Zu Stücken wie Odessa oder Sun machten sich Indie-Popper und House-Kids gegenseitig den Platz auf dem Tanzboden streitig. Wer sich in den psychedelischen Klängen von Swim sonnte, konnte rein gar nichts falsch machen. Das war Pop und strahlte dafür umso heller.

Mit dem Album Jiaolong kehrt Dan Snaith ins Zwielicht der Clubs zurück. Seit Snaith auch als DJ unterwegs ist, hat er ganz offensichtlich seine Sinne für die Bedürfnisse auf dem Dancefloor geschärft. Jiaolong, das Snaith unter dem Namen Daphni veröffentlicht, ist ein Album wie aus dem Handgelenk geschüttelt. Kein großes Sound-Gepinsel oder melodischer Schwung wie auf Swim. Jiaolong klingt wie eben gerade erst aufgenommen. Der Sequencer ist noch warm.

In Yes, I Know lässt er ein famoses Soul-Sample vom Stapel, dass zielstrebig Richtung Ufer treibt. Dort stehen jedoch mannshohe Analog-Echsen, die es mit grellen Acid-Speeren traktieren. Das Sample schwimmt davon, die Echsen hinterher. Am Ende gewinnt der Soul.

Genial auch die folgende Bearbeitung von Ne Noya mit seinem hüpfenden Funk-Schlagzeug und den afrikanischen Chants. Doch auch hier lässt Snaith irgendwann den Synthesizer durchgehen. Ständig raut er die Nahtstellen zwischen House und Techno auf, improvisiert in die Lücken hinein. Ye Ye beginnt als lockerer Groove, bis Snaith unter dem House-Beat einen nervigen Wirbelsound freilegt. Der Rest ist kalte Ekstase.

Light erinnert mit seinen Flöten-Arpeggios an die arkadische Verspultheit von Swim. Snaith lässt den Beat blubbern, es bratzelt wie falsch angeschlossene Netzwerke. Videospiel-Sounds, früher Chicago House und billiger Plastik-Rave – streckenweise klingt Jiaolong, als drücke ein Kind alle Knöpfe gleichzeitig. Hingegen werden sich Hörer, die mit dem ähnlich uneben gelagerten Elektro-Soul eines Theo Parrish oder Omar-S vertraut sind, in Stücken wie Pairs und Ahora sofort zurecht finden.

Es ist sicherlich nicht der große Wurf, den sich wohl vor allem die Swim-Enthusiasten erhofft haben. Allenfalls mit dem krautigen Rausschmeißer Long werden sie einverstanden sein. Jiaolong ist das schmutzige Brüderchen, das mit seinen klebrigen Fingern alles durcheinander bringt. Ein perfektes Album, um in den Herbst zu stolpern. Sowas nennt man wohl Konstanz bei gleichbleibender Qualität. Was auf Arjen Robben ja nicht unbedingt zutrifft.

„Jiaolong“ von Daphni ist erschienen bei Jiaolong/Alive.