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Zwei für den Soul

 

Geht doch! Auch in Deutschland kann souveräner Soul-Pop entstehen. Dazu mussten Malky aus Leipzig aber dem Popbetrieb erst den Rücken kehren.

© Max Parovsky
© Max Parovsky

Böse Zungen sagen: Nach Mannheim geht die deutsche Popmusik, um zu sterben. Es gibt dort eine Popakademie, die Konstantin Gropper (Get Well Soon), den Produzenten Markus Ganter und damit indirekt das letztjährige Casper-Album hervorgebracht hat. Das Haus genießt trotzdem nicht den besten Ruf. Schon die Idee, man könne Pop lehren und studieren, ist vielen Künstlern zuwider. Projekte aus dem Dunstkreis der Akademie stehen automatisch unter Retortenverdacht. Meistens werden Skeptiker durch die Resultate bestätigt.

In Mannheim lernten sich auch Daniel Stoyanov und Michael Vajna kennen. Ersterer, in Bulgarien geboren, sang für Xavier Naidoos Erleuchtungskommando und im Backgroundchor der Fantastischen Vier. 2008 scheiterte er mit einem deutschsprachigen Soul-Pop-Album. Letzterer versuchte sein Glück als Pianist und Produzent, aber auch ihm war nach einer Weile die Rolle als Auftragnehmer des baden-württembergischen Popbetriebs zuwider. Stoyanov und Vajna taten sich also zusammen, nannten sich Malky und ergriffen die Flucht.

Heute leben sie in Leipzig und haben eine eigene Plattenfirma aufgemacht. Musik soll nur noch zu ihren Bedingungen entstehen, und tatsächlich unterscheidet sich Malkys Debütalbum Soon erheblich von Stoyanovs und Vajnas bisheriger Arbeit. Gemeinsam wollten sie zu jener Unbekümmertheit zurückfinden, mit der sie früher vor Badezimmerspiegeln in den Föhn sangen. Verloren haben sie vor allem die Biederkeit, die ihren ersten Schritten im Musikgeschäft anhaftete.

Soon steckt mit den ersten drei Songs sein Feld ab. Das Titelstück erträumt eine tröstliche Version des Abrüstungs-R’n’B von The xx. Showdown geht in die umgekehrte Richtung: düstere Stimmung, drängelnde E-Gitarre, zum Refrain dramatische Synthie-Kaskaden. Der ambitionierte Auftakt wirkt überraschend – erst in Diamonds klingen Malky auch so unbedarft wie eigentlich geplant. Die Streicherballade ist zugleich niedlich und effektverliebt. Ein solcher Song täte auch der Karriere von Lenny Kravitz mal wieder gut.

Im weiteren Verlauf zeigt sich allerdings, dass Malky ihre Vergangenheit noch nicht ganz abschütteln können. Statt das eigenwillige Soulverständnis des Anfangs weiterzuverfolgen, tragen sie vor allem in der zweiten Hälfte des Albums unnötig dick auf. Die Leichtigkeit kommt abhanden, mancher Song wird angestrengt zur Powerballade hochgewuchtet. Stoyanov beschwört dann, bisweilen bebend, die Heilkraft der Zweisamkeit. Sein Blick auf die Liebe ist so konventionell wie die Musik, vor der er geflüchtet ist.

Trotzdem bleibt Soon ein ermutigendes Album. Als Plädoyer für Neustart und Eigensinn bringen sich Malky abseits des deutschen Soul-Pop-Mainstreams in Position. Nicht immer wandeln sie souverän auf dem schmalen Grat zwischen Mayer Hawthorne und Max Mutzke. Fürs Erste aber genügt die Erkenntnis, dass sie Stefan Raabs Eurovisions-Barhocker locker unter den Tisch singen.

„Soon“ von Malky ist erschienen bei Eighty Days/Rough Trade.