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Die Kuhglocken bleiben im Schrank

 

Das Dance-Punk-Trio The Rapture ist immer nur so gut wie ihr Produzent. Das neue Album „In The Grace Of Your Love“ weckt leider gehörige Zweifel am Knöpfchendreher Philippe Zdar.

© DFA

Manchmal funktioniert es in einer Beziehung einfach nicht mehr. Man hat sich in verschiedene Richtungen entwickelt und kann den anderen partout nicht mehr ausstehen. Das gibt es nicht nur in der Liebe, sondern auch in professionellen Beziehungen. Bands wechseln Mitglieder aus, trennen sich und vertragen sich dann nach einer längeren Ruhepause vielleicht doch wieder.

Die New Yorker Gruppe The Rapture kann von solchem Trennungsschmerz ein Lied singen. Im Jahr 2009 war der Bassist und Sänger Matt Safer bereits das dritte Mitglied, das sich für einen Ausstieg entschied. Aber auch die Produzenten kamen und gingen. James Murphy und Tim Goldsworthy vom Label DFA halfen der Band mit dem Album Echoes auf den Olymp der vor acht Jahren schwer angesagten Dance-Punk-Bands. Niemand wandelte so überzeugend auf den Spuren von den Talking Heads oder Gang of Four. Keiner mischte schrammeligen Post-Punk so unwiderstehlich mit tanzkompatiblen Four-to-the-Floor-Beats. Beim nächsten Album hielt die Band an der Urformel fest, tastete sich mit den Produzenten Danger Mouse und Ewan Pearson aber schon vorsichtig in neue Gefilde vor.

Nun kehren The Rapture zurück zu DFA. Hat sich die zum Trio geschrumpfte Band etwa wieder mit James Murphy vertragen und gibt der künstlerisch fruchtbaren Beziehung eine neue Chance? Leider nein. Stattdessen dreht sich das Produzentenkarussell weiter und der Franzose Philippe Zdar, vor allem bekannt durch sein House-Projekt Cassius, nimmt die Knöpfchen in die Hand.

Auch das ist von Beziehungen hinlänglich bekannt: Manchmal kann man mit dem neuen Partner eines Freundes einfach nicht viel anfangen, findet gar, dass er einen schlechten Einfluss auf ihn hat. Der Albumtitel – die devote Liebeserklärung In The Grace Of Your Love – lässt schon erahnen, dass sich The Rapture der Handschrift Zdars stärker beugen, als es ihnen gut tut. Die Zeit der rockig rotzigen, hektisch vor sich hin pumpenden Tracks ist offensichtlich vorbei. Selbst die charakteristischen Kuhglocken bleiben diesmal im Schrank. Der neue Sound ist emotionaler, poppiger und deutlich glatter produziert. Das gedrosselte Tempo der Songs lässt dem Sänger Luke Jenner noch mehr Platz zum Jammern.

Im schlimmsten Fall klingen die neuen Rapture wie eine Kopie der pathetischen Stadionrocker The Killers (Children). Aber auch andere Versuche, stilistisches Neuland zu begehen, von psychedelisch hämmerndem Glam Rock (Blue Bird) bis zu weichgespültem Blues (It Takes Time To Be A Man), verirren sich. Immer wieder zieht Zdars Hang zu klebrig süßen Klangflächen und infantilen Melodien die Songs in den Abgrund.

Selten zeigt sich das Potenzial der neuen Kollaboration. Nur mit dem funkigen Miss You und dem hypnotisch minimalistischen Titelsong gelingt es The Rapture, die bewährte Urformel auf spannende Weise weiter zu entwickeln. Und dann wäre da noch die Single How Deep is Your Love, ein epischer Dancefloor-Knaller sondergleichen, der sich mit Klavierakkorden, Claps und einem ekstatischen Saxofonsolo in Herz und Beine bohrt. Vielleicht ist es sogar der beste Song, den die Band je aufgenommen hat. In solchen Momenten sind The Rapture wieder ganz bei sich.

Manche Leute können in der Beziehung einfach schrecklich dominant sein. Vielleicht zeigt das Trio bei seiner nächsten Partnerwahl wieder ein glücklicheres Händchen.

“In The Grace Of Your Love” von The Rapture ist bei DFA/Cooperative Music erschienen.