Virtuosen des Samplings: Die beiden dänischen Musiker von Den Sorte Skole arbeiten rechtlich in einer Grauzone. Sie erzählen ein Abenteuer in 10.000 Tonschnipseln.
Was muss das für eine tolle Band sein, die das dänische DJ-Duo Den Sorte Skole mit seinem neuen Album Lektion III herbeisinniert: Meister der indischen Klassik spielen selbstverständlich mit deutschen Elektronikpionieren, amerikanischen Folksängerinnen, türkischen Jazzmusikern und französischen Art-Rockern. Jegliche Kombination ist denkbar. Musiker unterschiedlichster Hintergründe verständigen sich; sie leben sogar in unterschiedlichen Jahrzehnten. Wie das geht? Indem man ein Archiv in seine Einzelteile zerlegt und die neu zusammenbaut.
Den Sorte Skole haben aus Hunderten Platten zehntausend Instrumentalpassagen und Stimmen herausgeschnitten. Haben die nach Tempo, Rhythmus und Tonart katalogisiert und dann zusammengefügt zu virtuellen Jam Sessions. Martin Højland und Simon Dokkedal treiben die Kulturtechnik des Samplings auf die Spitze. Langsam, fast sphärisch entfaltet sich das Album. Es besteht aus sechs Erzählsträngen, manche Hymne ist dabei. Immer wieder hält die Musik inne, verharrt und sortiert sich von Neuem. So entstehen anderthalb Stunden wahrhaft neuer Musik. Genres, Kontinente und Jahreszahlen verschmelzen. Das klingt mal wie Jazz und oft wie ganz etwas anderes. Als ginge das Ohr zur Welt auf.
Den Sorte Skole spielen zu Hause in ausverkauften Hallen oder vor 30.000 Festivalbesuchern in Roskilde. Ihr Name bedeutet übersetzt so viel wie „Die Schwarze Schule“. Und verweist natürlich auf Vinyl. Und auf die Illegalität, denn zehntausend Samples von sechs Kontinenten zu lizenzieren ist quasi unmöglich. So bewegt sich Die Schwarze Schule in einer Grauzone, auch beim Vertrieb. Man kann dieses Album umsonst oder gegen eine Spende aus dem Netz herunterladen. Eine Dreifach-LP oder Doppel-CD in kleiner Auflage wird spontan auf der Straße verkauft. Fans werden über Soziale Netzwerke informiert.
Warum kann so ein Projekt nicht rechtens sein? Ist Sampling nicht auch eine Form der Überlieferung? Baut Musik nicht immer auf anderer Musik auf? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Beiheft respektive E-Booklet. Hier werden auch alle vertretenen Künstler aufgelistet, kurze Biografien erzählen ihre Geschichte, interpretieren ihre Arbeit. Sekundärliteratur für den schwarzen Bildungskanal.
„Lektion III“ von Den Sorte Skole ist erschienen via densorteskole.net
Aus der ZEIT Nr. 41/2013