Nach zehn Jahren hat Laurie Anderson wieder ein Album gemacht. Im Mittelpunkt von „Homeland“ stehen ihre kauzig-philosophischen Geschichten.
Ende 1981, als man anfing, POP in Versalien zu schreiben, berichtete Laurie Anderson mit beruhigender Roboterstimme von neuen Technologien und alten Machtverhältnissen. Der Song O Superman wurde überraschenderweise ein Hit, obwohl das minimalistische Stück eher an Philip Glass erinnerte als etwa an Duran Duran.
Auf Homeland, ihrem ersten Album seit zehn Jahren, rückt die New Yorker Künstlerin nur Zentimeter von ihrem Erfolgsrezept ab. Freunde sonntagabendlicher Kultursendungen werden sich gerne einen guten Schluck dazu eingießen: Mongolische Musiker spielen exotische Instrumente, die Stimme von Goldkehlchen Antony Hegarty steigt jubilierend in die Höhe, und John Zorn streut ein paar überblasene Saxofontöne obendrauf. Lediglich Andersons Ehemann, der knurrige Lou Reed, lässt einmal lustvoll die Gitarre aufheulen.
Es sind Andersons kauzig-philosophische Geschichten, die auch hier im Mittelpunkt stehen. In Another Day In America erzählt sie mit digitalisierter, milder Großmutterstimme von einem alten Paar, das sich sein Leben lang gehasst hat. Als die beiden in ihren Neunzigern sind und endlich geschieden, werden sie gefragt: Warum habt ihr damit so lange gewartet? „Well„, lautet die Antwort, „wir wollten warten, bis die Kinder tot sind.“ Einen Moment lang stutzt man, der Rest ist dann wieder Rotwein für die Seele.
„Homeland“ von Laurie Anderson ist erschienen bei Nonesuch/Warner Music.
Aus der ZEIT Nr. 23/2010