Warum mag unser Autor die englische Band The More Assured so gern? Er weiß es nicht genau, und das macht guten Indierock doch aus.
Mit welchen Worten lobt man Musik, die so simpel ist, dass jede Deutung übertrieben erscheint? Was ist zu schreiben über eine Indierockband, die ihre Instrumente beherrscht, flotte Lieder schreibt und ein Dutzend derer auf eine gute – aber eben doch recht berechenbare – Indierockplatte gebannt hat? Über eine Indierockplatte, die ungeheuer gut klingt – aber eben doch nur…
Nun, vielleicht was mit Web 2.0? Nö, The More Assured sind keine MySpace-Sternchen, ihre Lieder dort haben allenfalls moderate Klickzahlen.
Was aus den bunten Blättern? Auch nicht, sie haben keinen großen Skandal an den Hacken, es ist kein Eklat mit der königlichen Familie oder dem Premierminister nachgewiesen. The More Assured wurden noch nicht einmal vom New Musical Express zum nächsten großen Ding erklärt. Was also ist bemerkenswert an der Band und ihrem Debütalbum I Do Not Want A Free London Life? Schwer zu sagen.
Vielleichts ist es der leicht homoerotische Unterton des Sängers? Klar, einerseits sind die Texte mittelmäßig originell, Liebe, Triebe, Eierkuchen, die immergleichen Geschichten von berstenden Beziehungen, die immergleichen Verwünschungen – “You can go to hell and stay there as well!“ – und üblen Nachrufe auf die Ex. Oder ist es der Ex? Das ist meist nicht ganz klar: „I wanna be a sex offender, I want to offend you with my sex, I dont care for your gender, I’m offensive in your bed“, heißt es – zugegebenermaßen etwas plump – in Sex Offender.
Wahrscheinlich ist die Rezeptur einfach gut, es ist die der frühen Arctic Monkeys und Maximo Park (und hier und da The Jam, Madness…): Gitarreschlagzeugbass, urban vibrierende Lieder, knackig und rauh auf den Refrain hin komponiert. Im Vordergrund setzt eine hibbelige Gitarre Nadelstiche, Firlefanz ist da nirgends. Und der Sänger hat einen hübschen britischen Akzent.
Bemerkenswert einfallsreich sind immerhin die Geschichten, die die vier Musiker in Interviews zum besten geben, etwa die ihrer Gründung im Blog The Music Journal: Der Sänger Alex Andersson sei durch den Boden seiner Wohnung gebrochen, im darunterliegenden Keller eines Pubs habe gerade der Bassist Slinky Sunbeam geputzt. Vor Gericht lernten sie den Anwalt und Gitarristen Josh Greenwood kennen, dessen Bruder Steve wiederum spielte Schlagzeug. Plötzlich waren sie eine Band. Geheimnisvoll. Aber kein Grund, eine Platte zu mögen.
Vielleicht ist ja genau dies das Geheimnis einer guten Indierockplatte: simpel und doch unergründlich zu sein.
„I Do Not Want A Free London Life“ von The More Assured ist bei Unter Schafen Records/Alive erschienen.