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Luzifers Jugendstiftung rockt vorm Altar

 

Sie nennen sich Wu Lyf, haben das Düstere, Mysteriöse als PR-Strategie gewählt und vermummen sich. Was ist dran an der Hype-Band aus Manchester?

© Lyf Recordings

Leise ist schon lange das neue Laut, Geheimniskrämerei die neue Publicity-Strategie. Wu Lyf umgab von Anfang an Mysteriengewaber. Das fängt beim Bandnamen an, der für „World Unite! Lucifer Youth Foundation“ steht: Welt, vereinige dich! Luzifers Jugendstiftung.

Lange gab die Band keine Interviews und spielte nur in einem kleinen Club in Manchester. Die Musiker gaben ihre Namen nicht preis, und auf dem einzigen Foto, das durchs Web geisterte, waren ein paar Kids mit verhüllten Gesichtern zu sehen. Dazu kamen rätselhafte Webseiten und ebensolche Videos.

Die Strategie ging zunächst auf: Im Internet und den Fachblättern der Popkultur erhob sich ein anschwellender Lobgesang – mal wieder war das nächste große Ding von den britischen Inseln entdeckt, und die Öffentlichkeitsverweigerung galt als erfrischend. Dann aber kam die Gegenreaktion, die den Hype als wohlorchestrierte künstliche Aufregung denunzierte, die Manager der Band als professionelle Werbe-Experten und Image-Manipulierer entlarvte und sich darüber aufregte, dass die vermeintliche Independent-Band einen Deal mit dem Musikriesen Universal einging.

Inzwischen weiß man, wie die Musiker heißen – Ellery Roberts (Gesang und Keyboards), Tom McClung (Bass), Evans Kati (Gitarre) und Joe Manning (Drums) -, kann sogar Interviews mit ihnen lesen und sich ein komplettes Album, Go Tell Fire To The Mountain betitelt, anhören, ohne von subtil gruseligen Videos abgelenkt zu werden. Wer glaubt, jetzt die Musik pur beurteilen zu können, ist aber schon in die Falle getappt: Hey, es ist Pop, und Pop ist immer auch Image, Style und Show.

Na gut, versuchen wir mal, alles Außermusikalische wegzusperren. Was hören wir dann? We Bros zum Beispiel: ein sich langsam steigernder Song mit surfigem Gitarrenfinale über mikroskopisch klaren Drums, jedes crash und boom und bäng bis ins Detail getuscht. Oder der Opener LYF: spukige Orgeltöne, geisterhafte Background-Vocals. Da hat es sich wohl gelohnt, dass die Band das Album in einer Kirche in Manchester aufgenommen… ups, schon sind wir wieder dem wohlkontrollierten Image aufgesessen, die Luzifer-Jugend am Altar, soso. Aber es wird wohl stimmen, der Hall klingt echt.

Viele Songs sind ähnlich konstruiert, langsamer Aufbau, massiver Mittelteil, Outro. Fetter Klang und melodramatische Instrumentierung, ein bisschen wie Arcade Fire in düster. Prägend sind die Vocals – Gesang kann man das nicht nennen – von Ellery Roberts: Er lässt seinen inneren Schweinhund grunzen und röcheln, als wäre das von Johnny Cash besungene Beast In Me kurz vor dem Ausbruch.

Die Texte sind, so dargeboten, kaum verständlich, aber das macht nichts. Sie sind voller schwurbeliger Bibel-Bildchen, Feuer und Blut und einstürzende Berge und so. Jail (Gefängnis) reimt sich auf bail (Kaution) in Underdog-Attitüde, „I love you forever„-Bekenntnisse klingen durch Roberts‘ Lefzen eher bedrohlich als liebevoll.

Hype beiseit, was bleibt? Intelligent geschweißte Heavy-Pop-Artefakte aus einer öligen Garage mit Kirchenfenster. Ein paar Musiker, gerade dem Teenage entwachsen, die von großen Dingen raunen – doch es sind, wie eine Konzertbesucherin dem Kölner Stadtanzeiger sagte, „auch nur Bengel, die gerne Bier trinken“. Immerhin mit verdammt guten Marketingideen.

„Go Tell Fire To The Mountain“ Von Wu Lyf ist erschienen bei Lyf Recordings/Rough Trade.