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Briefe über Deutschland (6)

 

Lieber Rich,

zunächst: Wir sind ohne Probleme aus Europa zu­rückgekommen. An den drei Flughäfen, über die ich fliegen musste, war kein einziger Flug mehr storniert, und im Flugzeug von Madrid nach Ams­terdam gab es sogar reichlich freie Plätze. Das Problem besteht nicht darin, dass die Vulkan­asche sich vielleicht im Nachhinein als ungefähr­lich herausgestellt hat (immerhin deuteten die Ab­lagerungen in dem finnischen Kampfjet auf das
Gegenteil hin), sondern darin, dass die Politik un­vollständige Informationen hatte. Das verlangt nach besserer Wissenschaft, besserer Koordination und, ja: Grenzwerten. Der unaus­sprechliche isländische Vulkan war aber zum letz­ten Mal vor der Ära der kommerziellen Luftfahrt ausgebrochen.

Dem Vorbeugeprinzip folgend, konnte die Politik nicht anders reagieren – die Konsequenzen einer Fehlentscheidung zulasten der Sicherheit wären nicht verzeihlich gewesen. Nun kann man darüber streiten, ob dieses Prinzip Sinn hat. Allerdings ist es Teil der europäischen Entscheidungsfindung, mehr jedenfalls als dies­seits des Atlantiks. Das betrifft nicht nur Vulkan­asche, sondern auch den Klimawandel, Genmani­pulation, Chemikalien und ihre Auswirkung auf die Gesundheit, Datenschutz und so weiter. Wir sollten es uns nicht nehmen lassen, findet

Dein Julian

Im wöchentlichen Wechsel schreiben sich hier Julian Lee, 30, Umweltberater aus Montreal, und sein Stiefvater Friedrich Engelke, 68, Physiker aus Villingen