Lieber Julian,
wir kommen gerade von einem Besuch zurück, der nachklingt. Geschürt von einigen Medien hat die Angst in Deutschland einmal mehr die Oberhand gewonnen: Steht der Zusammenbruch des Euro bevor? Reicht das milliardenschwere Rettungspaket für Griechenland, oder geht der Staat doch pleite? Kippen noch andere EU-Länder? Unsere Freundin zeigt Anzeichen von Panik. „Was mache ich mit meinem Geld? Und ihr?“ Daneben Wut auf die „Pleite-Griechen“.
Sie versteht es nicht, als ich einwende, dass wir zur griechischen Misere selbst erheblich beigetragen haben: Unsere hohen Exportüberschüsse bestehen zum Teil eben auch aus mit Schulden finanzierten
Ausfuhren nach Südeuropa. Noch weniger verstanden werden diese großen Zahlen: Seit dem Zusammenbruch einiger Banken scheinen Milliarden so etwas wie die kleinstmögliche Einheit zu sein im politischen Denken und
Handeln. Selbst ein Herunterrechnen von 1 Milliarde in 12,50 Euro pro Deutschen hilft wenig.
Mich macht es ratlos. Bräche der Euro tatsächlich auseinander, dann wäre vermutlich das Geld am besten hier in Deutschland aufgehoben, denke ich mir. Sind wir doch finanzpolitisch eines der solidesten Länder der Erde, weit vor den USA. Wie denkt man bei Euch darüber?
Dein Rich
Im wöchentlichen Wechsel schreiben sich hier Friedrich Engelke, 68, Physiker aus Villingen, und sein Stiefsohn Julian Lee, 30, Umweltberater aus Montreal