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Meeresrauschen, Vogelgezwitscher: endlich wieder hören

 

© joexx / photocase.com

1986 ertaubte ich infolge von mehreren Hörstürzen völlig. Mit der Zeit akzeptierte ich mein Schicksal und richtete mein Leben mit meiner Taubheit ein, so auch, indem ich u.a. die Lautsprachbegleitenden Gebärden erlernte.
Dank der stetigen medizinischen technischen Fortentwicklung habe ich mich 1995 dazu entschlossen, trotz großer persönlicher Vorbehalte ein sog. Cochlear-Implant (CI) in die linke Hörschnecke einsetzen lassen. Weil ich wusste, dass 22 Elektroden, die eine Tonfrequenz von ganz hoch bis ganz tief ermöglichen sollen, kaum das normale Gehör wieder geben können, hielt ich meine Erwartungslatte besonders tief.

Dennoch war ich nach der ersten Hör- und Sprachanpassung mit einem externen Zusatzgerät überwältigt: Ich konnte nicht nur meine eigene Stimme wieder hören, sondern es war mir, als würde mir eine Käseglocke abgenommen werden: Der erste Spaziergang mit dem neuen Gerät auf dem Klinikgelände vermittelte mir ein völlig neues und doch irgendwie vertrautes Lebensgefühl: Vogelgezwitscher, Gesprächsfetzen von Menschen, Fußgetrappel auf der Straße, Zuschlagen von Autotüren. Besonders überwältigt war ich, als ich nach der Entlassung aus der Klinik ans Meer gefahren war und die Brandung hörte und es war herrlich, die Musik aus der Zeit vor meiner Ertaubung im Radio wieder zu erkennen!

Die Bilder, die ich bisher nur gesehen hatte, wurden jetzt durch Geräusche, Stimmen und Musik wesentlich bunter, da sie Emotionen auslösten und heute noch immer wieder auslösen. Durch das Wiederhören wurde ich auch wieder selbstständiger, so konnte ich z.B. wieder selbst telefonieren. Und ohne mein CI könnte ich meinen Beruf heute nicht ausüben. Auch wenn die Operation schon mittlerweile über 16 Jahre zurück liegt: Ich bin mir jeden Tag bewusst, was für einen Riesengewinn an Lebensqualität ich durch das CI gewonnen habe.

Verena Fink, Rendsburg