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Handygezwitscher

 

Endlich Sonne, man kann auf der Terrasse sitzen! Bisher war es einem ja nicht vergönnt, man hat schnatternd die Gartenmöbel fit gemacht und die Geranien gepflanzt. Vom geheizten Wohnzimmer sehnsuchtsvoll nach draußen geblickt, nur Regen, Regen, Regen! Aber heute, Sonntagfrüh: angenehme Temperaturen. Und die Sonne wirft die ersten Strahlen auf den Frühstückstisch. Erst mal setzen wir uns und blinzeln in das ungewohnte Licht. Kurze Hosen, Sonnenbrille, Beine hochlegen und Zeitung lesen. Wahnsinn, die Vögel zwitschern, ansonsten ist Stille.

Zehn Uhr, die Kirchenglocken läuten, und langsam erwachen auch die Nachbarn und richten sich auf den Balkonen ein. Leises Gemurmel klingt durch den Innenhof der zwanzig Parteien. Doch plötzlich, es ist elf Uhr: Führt da einer lautstark Selbstgespräche? Ein Zweiter, ein Dritter? Kann nicht sein, denke ich mir und schaue mal in die Runde. Da stehen sie alle mit dem Handy am Ohr! Ich muss mir anhören, wie es der Oma so geht, welchen Stress die Freundin mit dem Freund hat, was man bei Aldi alles versäumt hat … Inzwischen haben sich weitere zehn Handys eingeschaltet. Ich schließe die Balkontür und verziehe mich ins Wohnzimmer. Liebe Nachbarn, muss das denn sein? Könnt Ihr nicht in der Küche oder auf dem Klo telefonieren? Da geht’s im Winter doch auch!

Sabine Kröner, Heidelberg