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Zeitsprung: Kopf des Vaters

 

Südwestlich von Freiburg durchschneidet die A 5 einen Ausläufer des Tunibergs. Rechts und links stehen meterhohe Lösswände, die immer wieder zuwachsen, aber durch die Autobahnmeisterei regelmäßig vom Bewuchs befreit werden. Kaum einer der vielen Menschen, die hier vorbeifahren, bemerkt das große Kopfrelief, das bei Kilometer 761 auf der Westseite der Autobahn in die Lösswand eingeritzt ist.

1965

Es stellt meinen Vater dar. Meine Mutter hat es zwischen 1961 und 1965 geschaffen. Sie hatte Kunst studiert, war Lehrerin gewesen, und als wir 1961 einmal – ich war damals elf Jahre alt – mit dem Fahrrad auf der frisch betonierten Autobahn von Freiburg nach Müllheim fuhren, brachte die glatte Lösswand meine Mutter auf die Idee, hier das Bild meines Vaters einzustechen – so wie auch ein leerer Zeichenblock oder eine frisch aufgespannte Leinwand einen Künstler reizen.

2009

Mein Vater stand Modell, und 1965, als das Relief durch ein großes Q und die Jahreszahl vollendet wurde, wollte meine Mutter noch das Bild eines Freundes hinzufügen. Aber die Autobahn war inzwischen eröffnet worden und die Arbeit zu gefährlich.

Ulrich Quast, Badenweiler