Übers Wetter zu schreiben ist ja eigentlich eine ganz billige Nummer. Aber: Fräulein Smilla kannte viele Arten von Schnee, und genauso fühle ich mich, wenn ich versuche, den Regen hier in Kamerun zu beschreiben. Für die deutsche Sprache müsste man neue Worte erfinden, um das wahre Wesen dieses Ereignisses zu erfassen. Letztlich kann man sich die tropische Regenzeit von Europa aus aber wohl genauso wenig vorstellen, wie eine Kamerunerin sich einen Begriff von zugefrorenen Flüssen und Seen machen kann. Der Regen tröpfelt, klimpert, rauscht, kracht, schüttet, fällt, prasselt, raschelt, knistert, pladdert, strömt, entlädt sich mit wuchtiger Gewalt. Wahnsinnsblitze zucken wild über den Himmel. Donner grollt mit Wucht herein wie ein böser, grimmiger Poltergeist in den gruseligsten Märchen. Damit nicht genug: natürliche Grasdächer sind hier längst aus der Mode gekommen und Dächern aus Blech gewichen, die bewirken, dass man bei Regen das eigene Wort im Haus nicht mehr versteht. Staubpisten werden zu Matschpisten mit unbestimmt tiefen Löchern, ausgespült oder weggespült, und man hat das Gefühl, sich in einem Flussbett zu bewegen statt auf einer Straße. Dann kommt die stechende Sonne, die auch schon das nächste Gewitter anheizt, und der Zauber beginnt von vorn.
Seit fast zwei Jahren lebt Tabea Müller, 37, im Nordwesten Kameruns. Als Sozialmanagerin berät sie Frauen, unterstützt ein Alphabetisierungsprogramm und andere Projekte. Hier erzählt sie von jetzt an jede Woche über den Alltag im Inneren Afrikas.