Ich hatte alles gut geplant, Feier in meinem Elternhaus, das seit dem Tod meiner Eltern leer steht. Einladungen kreuz und quer, Verwandte, alte und neue Freunde, Kollegen. Viele waren in Urlaub, wie immer bei meinen Geburtstagen mitten in den Sommerferien. Aber so etwa 60 Leute kamen, von der 95jährigen Tante Mathilde bis zum gerade geborenen Baby einer Freundin. Das Saxofonquartett sollte spielen – eine von uns konnte nicht. Die Bigbandfreunde hatte ich eingeladen, das ganze Equipment stand bereit, die meisten kamen aus unterschiedlichen Gründen nicht(unzuverlässige Musiker!!), die Jazzcomboleute kamen zwar, aber zu unterschiedlichen Zeiten, da das Fest sich über den ganzen Tag erstreckte.
Zwei Möglichkeiten hatte ich: 1. Beleidigte Leberwurst. 2. Plan B., wie ich es von meinem verstorbenen Papa kenne: Auf keinen Fall die Laune verderben lassen! Also griff ich irgendwann kurz entschlossen zur Gitarre, Liedertexte hatte ich wohlweislich vorbereitet, und nach anfänglichem Geziere und Zögern hatte ich alle so weit, dass sie mitsangen. Mein Papa hatte das bei Familienfesten auch immer so gemacht, erst maulten alle, aber da er unerbittlich war, sangen sie dann doch mit, und hinterher hieß es jedes Mal: Was für ein schönes Fest! Also – wir sangen. Wir sangen Beatleslieder, wir sangen alte Schlager, wir sangen Tangos, wir sangen Volkslieder aus aller Welt. Einer setzte sich ans Klavier, der Mieter aus Haiti spielte Congas, selbst die steifsten Rechtsanwälte und Vermögensberater spielten Bongos oder Shaker. Die Babies jauchzten, Tante Elfriede(auch schon 90) wollte nicht nach Hause, obwohl sie bei Familienfesten sonst immer sehr früh geht.
Es ging bis in die frühen Morgenstunden, es war viel besser, als von „Profis“ dargebotene Musik, weil alle selber beteiligt waren. Irgendwann fing eine Freundin an, Gedichte zu rezitieren, dann wurde weiter gesungen und getanzt. Zu später Stunde kam noch die Bigbandsängerin und scattete wie verrückt, begleitet von dem haiitianischen Trommler. Es war eine Wonne! Mein schönster Geburtstag überhaupt! Und viele, viele riefen am nächsten Tag an und bedankten sich noch mal extra für dieses schöne Fest. Eine liebe alte Freundin, die ich schon seit dem Kindergarten kenne und lange nicht mehr gesehen hatte, hatte es am Abend auf den Punkt gebracht. Sie sagte zu mir: Ich bin sicher, dein Papa da oben hört uns jetzt zu! Und genau das dachte ich auch.
Claudia Lohmann