Im Album meiner Mutter fand ich das alte Foto, aufgenommen Ende der vierziger Jahre. Es zeigt meine Tante Marianne mit ihren Kindern Brigitte und Herbert, die – wie viele Deutsche damals – 1950 nach Australien ausgewandert sind. Nach dem frühen Tod meiner Tante war der Kontakt zu den Verwandten 1960 abgebrochen – Brigitte und Herbert hatten ihre Muttersprache verloren. Neugierig geworden, recherchierte ich – fast 50 Jahre später – im Internet, und es grenzte für mich an ein Wunder, dass ich Herbert tatsächlich fand. Sofort telefonierte ich mit ihm, und ein regelmäßiger E-Mail-Kontakt begann, der in einen Deutschland-Besuch mit Spurensuche mündete. Mein Cousin war sehr bewegt, als ihm die nette Leiterin des Standesamtes in Immenstadt eine Kopie seiner Geburtsurkunde überreichte, und er hatte Tränen in den Augen, als er – der kein einziges Familienfoto mehr besaß – ein Album mit Bildern seiner Ursprungsfamilie mit nehmen konnte nach „Down Under“.
Kürzlich erhielt ich eine E-Mail von dort, die mit den Worten endete: „You know I quite often think about the phone call I had from someone in Germany who introduced herself as my long lost cousin and I will be forever grateful for that phone call.“ („Weißt Du, ich denke oft an jenen Telefonanruf, in dem sich jemand aus Deutschland als meine längst verlorene Cousine vorstellte. Ich werde immer dankbar sein für diesen Anruf.“)
Renate Steinhorst, Bamberg