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Wann gestehen wir uns die Krise ein?

 

Überschwemmungen, verheerende Waldbrände und Wetterextreme nehmen zu. Die globale Durchschnittstemperatur ist gestiegen. Die Arktis schmilzt dedrohlich. Aber viel zu viele wollen den menschengemachten Klimawandel noch immer nicht wahrhaben. Werde ich je den Tag erleben, an dem Las Vegas nicht mehr so viel Strom verbraucht wie Peru, damit es so schön blinkt?

Wir befinden uns in einer fortschreitenden Krise der Zivilisation. Wenn wir weiterhin so leben, dass selbst vier Erden nicht ausreichen würden, ist jede Hoffnung auf Fortbestand von Demokratie und Kultur unbegründet. Und was ist in der Glotze zu sehen? Der Hype um möglichst schnelle Autos mit hohem Benzinverbrauch und viel PS. Autofreaks blasen für das vermeintliche Gefühl von Fun und Abenteuer CO2-Emissionen in den südamerikanischen Urwald. Hau raus die Gifte, egal, wie groß die Katastrophen noch werden. Privatsender machen ihre Quoten, indem sie zur Schau stellen, wie eine spätrömisch-dekadent anmutende Geldelite mit Privatjets und Luxusjachten stündlich hunderte Liter fossiler Brennstoffe verschwenden. Verona Pooth gehört zur seichten Prominenz. Sie vermehrt lächelnd ihr Vermögen mit Werbung für einen Textildiscounter. Experten der Ökonomie fordern nach den Auswirkungen einer verheerenden Gier längst wieder mehr Optimismus, weil ja die Konjunktur wieder anzieht, nachdem die Staaten Billion von Geldeinheiten in die Banken pumpen. Hauptsache Wachstum XXL, egal, dass uns die Nachkommen noch verfluchen werden.

Wir Nutznießer des wohlen Konsums leben nicht nur auf Kosten unserer Kinder. Wir nehmen im wahrsten Sinne des Wortes in Kauf, dass gleichzeitig abermillionen Menschen unter inhumanen Arbeitsbedingungen und sittenwidriger Entlohnung leiden. Werde ich den Tag noch erleben, an dem in Indien die Näherinnen nicht mehr ausgebeutet werden und die Armut in Deutschland durch Mindestlöhne abnimmt? Barack Obama will die Welt befrieden, sie grüner und gerechter machen. Welch ein Hass die Lobbyisten der Trusts und Konzerne auf ihn schüren. Und warum? Um einen neoliberalen und unflexiblen Kapitalismus wieder und wieder durchzusetzen, egal, wie falsch seine Scheinphilosophie ist. Als wohlfeiler Neiduntersteller und Gutmenschverächter nur weiter seinen bräsigen Machiavellismus pflegen, gleichgültig, dass ohne die Realisierung humaner und ökologischer Visionen alles nichts ist.

Wolf Niese, Berlin