Weihnachtsbesuch zu Hause. Mit Neugier und Skepsis hatte ich mich aufgemacht in „mein Land“. Wie würde es mir begegnen? Wie würde es sich anfühlen? Anonym? Distanziert? Konsumbesessen? Mitnichten! Nichts davon erlebte ich auch nur ansatzweise. Deutschland begegnete mir warmherzig, freundlich, herzlich. Alles war vertraut und unkompliziert. Ich kam überall ins Gespräch. Der Optiker erinnerte sich sogar an meinen Namen und an meinen E‑Mail-Hilfeschrei vor einem Dreivierteljahr, als meine Brille ins Meer gefallen war und ich Ersatz anforderte. Die Friseurin reagierte erstaunt, dass die kamerunischen Friseure nichts mit meinem Haar anfangen können, lehnte es aber ab, nach Afrika überzusiedeln – „wegen der vielen Schlangen“. Wieso fallen allen bei Afrika gleich Schlangen ein? Mir fiel auf, dass der Bus sauber war und pünktlich kam. Jeder hatte sogar einen ganzen Sitzplatz für sich allein! Dennoch musste ich arg mit mir kämpfen, überall rechtzeitig zu erscheinen. Das Essen schien mir zu Beginn ziemlich lasch gewürzt. Wer aber kann verstehen, wie wundervoll Flammkuchen, Stollen, Glühwein, Trüffel, Sahnetorte, Lamm in Knoblauch, Chicorée, Puddingtörtchen und Eierlikör-Eisbecher sind? Ich hatte nicht für möglich gehalten, wie eng „Heimat“ mit Essen verbunden ist! Kein Traum mehr! Auf dem Weihnachtsmarkt genieße ich, wie die zartcremige Köstlichkeit auf meiner Zunge zerschmilzt. Aber allmählich komme ich ins Frösteln. Und doch – wie werde ich noch träumen von diesem Sahneberg, zurück in Kamerun!
Seit fast zwei Jahren lebt Tabea Müller, 37, im Nordwesten Kameruns. Als Sozialmanagerin berät sie Frauen, unterstützt ein Alphabetisierungsprogramm und andere Projekte.