Der Anteil der Integrationsverweigerer unter den Einwanderern wird auf zehn bis fünfzehn Prozent geschätzt. Nach meiner Beobachtung aber ist der Anteil der Integrationsverweigerer in der alteingesessenen Bevölkerung etwa dreimal höher. Aber darüber spricht niemand! Mein Sohn ist deutscher Staatsbürger, spricht fließend Deutsch, hat durch die Adoption sogar einen deutsch klingenden Familiennamen – aber seine Haut ist schwarz. Wird er gefragt, woher er komme, antwortet er: „Aus Frankfurt.“ Aber vier von zehn Deutschen fragen dann nach: „Und woher kommst du eigentlich?“ Das ist Integrationsverweigerung! Er arbeitete mehrere Jahre als Check-in-Agent am Flughafen, und immer wieder sprachen ihn Menschen mit deutscher Muttersprache auf Englisch an – und sprachen sogar dann weiter Englisch mit ihm, wenn er ihnen in fließendem Deutsch antwortete. Das ist Integrationsverweigerung! Weit verbreitet ist die Haltung, man müsse auf immer und ewig dem Ort seiner Geburt verbunden bleiben. Gerade Vertriebene, die auch mehr als sechzig Jahre nach Kriegsende darauf bestehen, weiter Ostpreußen, Donauschwaben oder welcher Herkunft auch immer zu sein, zwingen Einwanderern oft ihre eigene integrationsverweigernde Einstellung auf. Es gibt ein Menschenrecht auf Heimat. Heimat aber ist nicht immer der Ort, aus dem man stammt. Heimat ist der Ort, in dem man lebt und wo man begraben sein will – und damit auch im Laufe eines Lebens veränderbar. Wenn wir das nicht begreifen, werden wir niemals integrationsfähig! Die Hand, die wir den Einwanderern in unserem Land entgegenstrecken, ist viel zu oft zur Faust geballt.
Holger App, Frankfurt am Main