1955 flohen wir aus „der Zone“ nach Lübeck und wurden im Flüchtlingslager am Flughafen Lübeck-Blankensee untergebracht. Das Rollfeld war von Bombentrichtern übersät, die mit Sand zugeschüttet worden waren. Und da der Flugbetrieb noch von den Siegermächten untersagt war, hatte ich genug Platz zum Spielen. Unsere Unterkunft war der Glaskasten des Towers, den wir mit einer weiteren Familie teilen mussten. Bettlaken dienten als Raumteiler. Von oben beobachtete meine Mutter mich beim Spielen.
Mittlerweile ist Gras über die Trichter gewachsen, und man kann von Lübeck nach Stockholm, London, Pisa oder Kiew fliegen. Einen neuen Tower gibt es auf der gegenüberliegenden Seite, doch das alte Gebäude steht noch. Nur den Glaskasten hat man entfernt. Ob die Uhr noch unter all dem Efeu hängt, oder in irgendeinem Partykeller?
Frank Herbst, Berlin