Alles begann mit einem Unfall im Juli 1958. Meine Braut und ich waren mit unserer Zündapp Bella unterwegs in die Camargue, ans Mittelmeer, als wir mit einem französischen Mopedfahrer zusammen- stießen. Wegen unserer Verletzungen wurden wir ins hôpital von Tarascon gebracht. Als wir endlich wieder herumlaufen durften, suchten wir nach dem Kind, das wir in den vergangenen Tagen in einem der angrenzenden Zimmer hatten singen hören. So freundeten wir uns mit dem achtjährigen Louis an – und später auch mit seinem Vater, der zu unserer Überraschung gut deutsch sprach. Er hatte als Kriegsgefangener in Mecklenburg auf dem Land gearbeitet …
Aus dieser zufälligen Bekanntschaft hat sich eine tiefe, andauernde Freundschaft mit einer großen Familie entwickelt, und
so reisten wir im vergangenen Sommer auch zum 60. Geburtstag unseres Freundes Louis nach Lothringen. Dabei überraschte uns Louis’ Schwester Clothilde mit einer Kopie des damaligen Unfallberichts. Cloclo war mit dem Sohn des Gendarmen verheiratet gewesen, der den Unfall seinerzeit aufgenommen hatte, und in seinem Nachlass fand sich das Dokument. Gemeinsam lasen wir den Bericht und schwelgten in Erinnerungen. Es wurde ein langer Abend: 52 Jahre wollten schließlich abgearbeitet werden. Das Schmerzensgeld übrigens, das uns damals die französische Versicherung gezahlt hatte, haben wir 1959 für die Möbel unserer ersten gemeinsamen Wohnung ausgegeben.
Friedrich Winter, Odenthal
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