Eine Gelegenheit verpasst, nicht in der allseits geforderten Höchstgeschwindigkeit gehandelt zu haben – das ist ein Versäumnis. Dieses unglückliche, wie ein abgefahrener Zug nicht mehr einholbare Wort hat mich schon immer abgestoßen. Wie weich und verträumt wirkt dagegen jene Saumseligkeit, mit der einstmals derselbe Vorgang umschrieben wurde. Es heißt, langsamer zu sein als erwartet und mit der Erledigung von Pflichten im Rückstand sein – dabei aber selig. Eben: saumselig. Die immer ungeduldiger klingende Aufforderung meiner Mutter, vom Spielen endlich ins Haus zu kommen, um zu Abend zu essen; das genüssliche Gefühl, es immer noch einen Augenblick hinauszuzögern – das war eine der Saumseligkeiten meiner Kindheit. Heute komme ich bisweilen in diesen vorparadiesischen Zustand, wenn ich immer noch eine Weile dabei vergehen lasse, den Pflanzen auf meinem Balkon beim Wachsen zuzusehen und meinen Gedanken nachzugehen. Eigentlich müsste ich die Küche aufräumen, die Wohnung putzen, groß einkaufen, kochen und waschen, die eine oder andere Rechnung begleichen, Anrufe erledigen und die tausendste EMail schreiben… Ich kann die drängenden Rufe förmlich hören, aber ich stelle mich taub. Welch eine Seligkeit!
Antonia Landois, Würzburg