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Mach’s gut, Matt!

 

Der Junge, von dem ich erzählen möchte, heißt Matt. Seinen Nachnamen habe ich vergessen. Er war schon drei Monate in der Klinik, als ich kam. Davor war er in einer anderen. Matt war höflich und nett zu jedem. Er entschuldigte sich für jede Kleinigkeit und war immer sehr ernst. Ich mochte ihn und habe ihm ein Armband geschenkt. Ein Lederband mit Holzperlen, das ich selbst gemacht hatte. Nach einer Weile wurde sein ständiges Entschuldigen etwas lästig. Außerdem sagte er oft, dass er dumm sei, was aber keineswegs stimmte. Ich verstand das nicht. Ein Mädchen hatte mir erzählt, dass er sehr gut sang und Gitarre spielte. Und ich sah auch viele positive Seiten an ihm. Einmal erzählte er uns von dem Tag, an dem er in die Klinik gekommen war. Er hatte eine Überdosis Medikamente genommen, und als er nach einer halben Stunde noch lebte, hatte er sich die Pulsader aufgeschnitten. Aber er starb nicht. Als er das erzählte, grinste ich und sagte: »Du bist unsterblich, Matt!« Jetzt denke ich, dass das ziemlich taktlos war. Er schaute auf seine Schuhe und sagte, dass er froh sei, dass man das Blut aus ihnen herauswaschen konnte, seine Oma mochte die Schuhe so gern. Als ich ihn fragte, ob er mir etwas auf der Gitarre vorspielen würde, sagte er, er könne nicht spielen und möge es nicht, wenn man ihm zuhört. Damals war ich beleidigt. Eines Tages wurde beschlossen, dass Matt entlassen werden sollte. Ich war erstaunt, denn er entschuldigte sich immer noch für alles und sagte immer noch, wie dumm er sei. Ich hatte Angst, er würde sich »draußen« wieder etwas antun. Kurz bevor er ging, setzte er sich in den Aufenthaltsraum, seine Gitarre hatte er in der Hand. Ich ging mit – und er begann zu spielen. Während das Liedes kamen viele und setzten sich zu uns. Er spielte Nowhere man, und als am Ende alle applaudierten, lächelte er und bedankte sich. Dann ging er. Als ich in mein Zimmer kam, lag etwas auf meinem Bett. Ein Lederarmband mit Holzperlen. Jetzt weiß ich, dass es Glück bringt.

Johanna Kunze, 15 Jahre (auf Wunsch ohne Ort)