Vor 50 Jahren, am Sonnabend, dem 12. August 1961, fuhr ich als 17-Jähriger mit meinen Eltern mit der letzten S-Bahn von Ost-Berlin, Bahnhof Schöneweide, über Baumschulenweg nach West-Berlin, Bahnhof Lichterfelde-West. Wir wollten in der kleinen Wohnung meiner Großmutter übernachten, die zur Kur in Westdeutschland war. In dieser Nacht wurde die Mauer gebaut. Frühmorgens stellten wir das Radio an und hörten die Sondermeldung: die Sektorengrenze vollständig abgeriegelt, kein Ost-Berliner kann mehr in den Westen gelangen. Wir waren also per Zufall an diesem Morgen auf der richtigen Seite der Grenze aufgewacht und würden im Westen bleiben, das war sofort klar. Ich hatte im Juli in Ost-Berlin mein Abitur gemacht und wollte sowieso „abhauen“, um im Westen zu studieren. Nach dem Tode meiner Mutter (1997) fand ich in ihrem Nachlass die Fahrkarte von unserer Schicksalsfahrt in den Westen. Sie hatte ihre Fahrkarte aufgehoben und auf die Rückseite „letzte Fahrkarte aus Ostberlin“ geschrieben. Ganz deutlich ist zu erkennen, dass die Karte nur bei H wie »Hinfahrt« geknipst wurde, nicht bei R. Denn die Rückfahrt haben wir nicht angetreten.
Hartmut Lubomierski, Hamburg