(Nach Heinrich Heine, „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“)
Ich weiß nicht, was soll ich hier deuten
Den alten Hölderlin;
Mit Sprachtabellen arbeiten,
Erkennen muss ich den Sinn!
Der Frust ist groß und es dunkelt,
Ich sitze bei Lampenschein;
Bei Facebook die Meute schon munkelt:
Hyperion kriegst du nicht klein.
Die brave Deutschschülerin sitzet
Mit wirrem, zerrauftem Haar;
Über Periphasen und Jamben sie schwitzet,
Und Chiasmen quälen sie gar.
Sie zähmt Daktylogramme
Und ringt mit dem Binnenreim;
So langsam entschlüsselt die Dame
Die Metrik im Zeileinerlei.
Ach, wenn sie doch nur begriffe,
Was ich schon seit Langem seh’:
Was bleibt, ist ein Lyrikgerippe,
Reduziert auf aa und bb.
Ich glaub, Analysen verschlingen
Der Lyrik magischen Bann;
Gedichten die Norm aufzuzwingen
Hat niemals je Gutes getan.
Katharina Kanke, Marburg-Wehrda
(Diese Paraphrase, schreibt die 16-jährige Gymnasiastin, sei entstanden, als „ich nachts um 2 Uhr noch über meinen Deutsch-Hausaufgaben saß“ und „Hyperions Schicksalslied“ von Hölderlin interpretieren sollte)