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Abschied von einem Pinsel

 


Nun ist das neue Jahr da. Wie soll ich ihm Halt geben? Soll auch ich den Euro retten? Dies tun viele große Damen und Herren ohnehin jeden Tag. Manche von ihnen wollen in den nächsten Jahren wiedergewählt werden, von mir und von den anderen Söhnen des Volkes. Des Nachts aber, wenn wir müde schlafen, zusammen mit den Töchtern des Volkes, kopieren oder erschleichen sie sich Titel und Geld. Mein Leben ist kleiner. Meine Freunde jedoch sind vertrauenswert und treu. Und so tut es weh, Abschied zu nehmen. Gestatten Sie mir also eine kleine Nachrede – auf den Freund und auf die Freundschaft: »24 Jahre hast du mich begleitet. Und nahezu täglich hast du den Tag mit mir begonnen. Hast mich eingeseift viele tausend Mal, bist mir um den Bart gegangen. (Das können viele Frauen nicht von sich sagen!) Viele Haare hast du im Lauf der Zeit verloren, so wie ich. Der Lack ist ab, sagen die anderen in meinem Alter. Dir geht es genauso. Durch dich bin ich jeden Tag, wieder geglättet an Haut und Seele, zu meiner Arbeit gegangen. Du wirst mir fehlen. Damit du aber nicht gar so weit weg bist, werde ich dich begraben. Im Garten, unter dem Hibiskusbäumchen und neben Maximilian, dem Zebrafinken.«


Norbert Möllers, Pulheim