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Herr von Olpe

 

(Nach Theodor Fontane, »Herr von Ribbeck«)

Herr von Olpe aus Olpe im Sauerland,
Ein Schwenkgrill in seinem Garten stand,
Und kam die schöne Grillwurstzeit,
Die Holzkohle qualmte weit und breit,
Da packte, wenn’s sechse vom Kirchturm scholl,
Herr von Olpe die Plastikteller voll.
Und kam der Nachbar, so rief er: »Heinz!
Willste zwei Würstchen oder nur eins?«
Und kam der andre von Hausnummer vier,
Dann rief er: »Erich, ich geb dir ein Bier.«

So ging’s viele Jahre, bis irgendwann
Herr von Olpe sich zu verändern begann.
Es kam die goldene Grillsaison,
Sanft quoll der Rauch vom Schwenkgrill schon,
Da klagte von Olpe: »Ich kann nicht mehr.«
Er gab Schürze, Zange und Bierglas her,
Schob unter Tränen den Teller weg,
Das Bauchfleisch auch und das Besteck.
Die Gattin, Ratlosigkeit im Gesicht:
»Schatz, schmeckt etwa heut das Bauchfleisch nicht?«
Von Olpe sagte: »Mit Grillen ist’s aus.
Ich mag nicht mehr essen, ich gehe ins Haus.«

Die Familie war sprachlos und ungewiss.
Des Rätsels Lösung: Am Kaugebiss
Hatte Löcher genagt der Zahn der Zeit,
Ruinen leuchteten weit und breit,
Und biss Herr von Olpe in knusprige Krusten,
Dann schmerzten die Zähne, was die Leute nicht wussten.
Und sagte der Heinz: »Junge, trinkste eins mit?«,
dann verbarg er mit Mühe die Pein, die er litt.
Die Zeit verstrich. Der Zahnschmerz zwang
Herrn von Olpe zum elenden Büßergang.

Er besuchte den Zahnarzt. Der sagte nur:
»Nichts als Ruinen auf weiter Flur!«
Von der Geschichte die Moral:
Der Zahnschmerz führt zur Höllenqual.
Wer Liebe hegt zu Steak und Würsten,
Muss täglich seine Zähne bürsten!

Jutta Strzalka, Oberhausen