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Nu: Mein Wort-Schatz

 

Ein in der Dresdner Gegend geläufiges und beinahe universell einsetzbares Wort ist die Partikel »Nu!« (mit breitem, kurzem u). Dazu ein Beispiel, erlebt neulich in der S-Bahn: Die Schaffnerin kontrolliert die Fahrkarten. Ein Jugendlicher mit iPod- Stöpseln im Ohr beginnt, während sie vor ihm steht, in aller Ruhe alle seine Taschen nach der Fahrkarte abzusuchen, bis er sie schließlich findet und ihr hinhält. Sie wirft einen langen Blick darauf und entgegnet in einem Tonfall, worin Gutmütigkeit, leichtes Genervtsein und doch viel Gleichmut mitschwingen, nichts als: »nu!« Mit diesem einen Wort war alles gesagt: »Danke, die Fahrkarte ist in Ordnung. Das hätte schneller gehen können. Beim nächsten Mal nicht so weit wegpacken!« Aber wo könnte man es ökonomischer ausdrücken als in Dresden, womöglich kombiniert mit den nicht minder originären »ni« (Verneinung) und »nor« (Rückversicherung)? Dann hätte die volle Antwort der Schaffnerin geheißen: »Nu, awwor nähschdes-Mah ni so lahm, nor?«

Christian Quinque, Leipzig