Im Wohnzimmer unserer Großmutter befand sich eine Standuhr, ein großes, schweres Möbelstück mit einer gläsernen Tür davor. Innen schwang gleichmäßig eine runde, goldene Scheibe hin und her und zählte die Zeit. Wir Kinder liebten nicht nur die Uhr, sondern auch das merkwürdige Wort für das goldene Pendel darin: Perpendikel. Wir hockten davor und skandierten im Takt zu seinem Schwung: »Per-pen-di-kel, Per-pen-di-kel«, als sagten wir ein Gedicht auf. Heute gibt es fast keine Standuhren mehr, und mit ihnen verschwindet auch das hübsche Wort, von dem keiner genau weiß, ob es »der« oder »das« Perpendikel heißt.
Gerhild Erler, Oldenburg