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Hinterfragen: Mein Wort-Schatz

 

Zwei Jahre lang hatte ich in Madrid gelebt. Als ich 1955 nach Deutschland zurückkehrte, fand ich neue Begriffe und diese und jene Änderung der deutschen Sprache. Mir fiel ein ganz einfaches Wort auf, das mir vorher nicht geläufig gewesen war: hinterfragen. Hatte es an den tausend großdeutschen Jahren gelegen, in denen ich sozialisiert worden war und in denen Befehl und Gehorsam das Leben bestimmt hatten? Wie glücklich war ich, als ich dieses Wort auch in einem der Kernsätze des Aufklärers Kant fand: Man möge das Wesen der Sachen hinterfragen. Jeder Leserin, jedem Leser, mir selbst, allen möchte ich dieses Wort anempfehlen. Nicht mit einem Ausrufungszeichen, sondern mit einem freundlichen Einladungszeichen versehen –, auch wenn es dieses Zeichen derzeit noch nicht gibt.

Helmut Willenbrock, Maulbronn