In den fünfziger Jahren pflanzte mein Vater einen Apfelbaum, der bereits im ersten Jahr vier prächtige Äpfel trug. Wir vier Kinder machten uns berechtigte Hoffnungen, eines dieser köstlichen Exemplare verspeisen zu dürfen. Doch zur Erntezeit wanderten die Äpfel, sorgfältig in Seidenpapier gewickelt, in den kühlen Keller. »Sie müssen nachreifen«, bestimmte Vater. Und als im Dezember das Weihnachtspäckchen für Oma gepackt wurde, reisten die rotbackigen Äpfel zu unserer großen Enttäuschung in die Oberpfalz. Meine Schwestern konnten mich nur mit Mühe davon abhalten, auf der Stelle die Säge zu holen, um das unschuldige Bäumchen zu fällen.
Renate Steinhorst, Bamberg