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Nichts kapiert

 

Altenheime streichen Stellen. Altenpflege steht vor dem Kollaps . Notstand in der Altenpflege. Seit längerer Zeit lese ich solche Überschriften in verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen. Da ich (69) mittlerweile selbst zu den Alten zähle, regt mich dieser Mangel und seine mangelnde Bekämpfung ziemlich auf. Wer immer pflegebedürftige alte Menschen über lange Zeit im Altenheim aufgesucht hat, weiß,was Pflegekräften bei mäßiger Entlohnung an Zuwendung abverlangt wird und wie schwer es ist, solchen Anforderungen physisch und psychisch gerecht zu
werden. In der Arbeitswelt mag man mit Recht über Rationalisierungsmaßnahmen nachdenken,wo es um die Herstellung und den Vertrieb von Waren geht; dort wird sich eine Rationalisierung, solange sie nicht zahllose Arbeitsplätze vernichtet, nicht in erster Linie inhuman auswirken. Immer wird diese Gefahr dort bestehen, wo es um die Betreuung alter, kranker oder hilfsbedürftiger Menschen geht. Lässt sich notwendige menschliche Fürsorge ohne „Qualitätsverlust“ (ein dummes Wort an dieser Stelle) rationalisieren? Oder ist es etwa angemessen, wenn man Altenheime – wie vielerorts geschehen – zu Seniorenresidenzen befördert und solchermaßen Mangelerscheinungen verschleiert? In diesem Zusammenhang bedenke man, dass die Altenbetreuung bei der wachsenden Zahl alter Menschen und den immer eingeschränkteren Möglichkeiten der häuslichen Pflege eine der wichtigsten und umfangreichsten Aufgabenbereiche der Zukunft sein wird. Wer heute überall nur rationalisiert, hat für die Zukunft nichts kapiert.


Hans Gerbig, Gersthofen