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Ein Gedicht! Klassische Lyrik

 

Frühlingstag

(nach Rainer Maria Rilke, »Herb­sttag«)

HERR: es ist Zeit. Der Winter war sehr groß.
Nimm nun die Schatten von den Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Frühlingswinde los.

Befiehl den Blumen prächtig sich zu kleiden;
gib ihnen viele südlichere Tage,
bringe zum Erblühen sie und jage
den letzten Saft in Birken und in Weiden.

Wer jetzt kein Haus hat, soll sich eines bau’n.
Wer jetzt allein ist, wird’s nicht lange bleiben,
man strebt hinaus, mag keine langen Briefe schreiben,
geht frohen Schritts durch grüne Au’n –

und putzt jetzt endlich auch die Fensterscheiben.

Hans Joachim Feussner-Wurster, Vilnius, Litauen