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Traglasten: Mein Wort-Schatz

 

Da fahre ich doch neulich mit einer liebevoll restaurierten Kleinbahn, dem »Pollo«, in meiner Heimat, der Prignitz, jenem Landstrich »irgendwo in der Mitte zwischen Berlin und  Hamburg«. Dort lese ich neben einer Waggontür die Aufschrift »Für Traglasten«. Sofort wurden Kindheitserinnerungen wieder wach. Unsere vierköpfige Familie hatte damals in den sechziger Jahren kein Auto, wie so viele andere auch nicht. Aber Camping machen, oh ja, das wollten meine Eltern mit uns beiden Söhnen! Wenn es also auf Reisen ging, zählte mein  Vater am Bahnsteig mehr als zehn Gepäckstücke. Kein Problem. Die Deutsche Reichsbahn hatte eben für »Traglasten« gesorgt, eigens ein Abteil dafür bereitgestellt und beschriftet.

Heute schleppe ich längst nicht mehr so viel wie damals auf meinen Reisen mit mir herum, stöhne aber schon bei weitaus geringerem Gewicht. Wenn ich mir jetzt selber sage: »das sind eben deine ›Traglasten‹«, dann kann ich dazu stehen. Sie zu tragen wird dann gleich etwas leichter. Liebenswert, finde ich, ist dies alte Wort, ein fast verschwundenes Wort mit  Realitätssinn. Doch die Zeiten haben sich geändert. Das für Traglasten am ehesten geeignete Bahnabteil ist heute den Fahrrädern vorbehalten. Dementsprechend ist auch draußen der Waggon mit dem Piktogramm eines Fahrrades gekennzeichnet. Schade, dass es »Für Traglasten«  nicht mehr gibt. Es würde sich dann vielleicht, ähnlich den Radlern, eine eigene  Fahrgemeinschaft bilden für Traglasten. Einer trage des anderen Last. Ja, dies vielleicht auch, wenn’s nötig erscheint.

Wolfgang Guthke, Potsdam