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Sekundärrohstoffannahmestelle: Mein Wort-Schatz

 

Dieses Wort geht mir nicht aus dem Kopf: Sekundärrohstoffannahmestelle. Tatsächlich war das in meinen Kindertagen in der damaligen DDR ein nicht nur gebräuchliches Wort, sondern eine kleine Einnahmequelle für Kinder. Es war nichts anderes als eine Annahmestelle für Flaschen, Gläser und Papier. Diese wurden – soweit mir noch bekannt ist – nur an diesen Stellen abgegeben und nicht im Geschäft, wo man eingekauft hatte. Ausgerüstet mit einem Bollerwagen, zog man samstags von Plattenbau zu Plattenbau. Hundertmal geklingelt, hundertmal treppauf, treppab, hundertmal die Frage: »Guten Tag, haben Sie Flaschen, Gläser und Altpapier?« Ich war froh, wenn jemand Marmelade lieber mochte als Bier, denn für Gläser gab es ein paar Pfennige mehr als für Flaschen. Altpapier war nicht sehr rentabel, aber wer wollte schon auf eine zusätzliche Tafel Schokolade verzichten? Resultat eines ganzen Samstags: vier Stunden Sammeln, vier Stunden Anstehen, fünf Minuten am Kiosk für ein paar Süßigkeiten. Heute werde ich schon nervös, wenn ich am Mehrwegautomaten eine Minute zu lang warten muss. An Gummibärchen und Co gehe ich lustlos vorbei. Aber an das Wort und die Anstrengungen von damals erinnere ich mich heute noch gern. Da war Zeit noch relativ.

Sylke Brand, Wiesloch