Januar 1946 – genau ein Jahr zuvor hatten wir unsere Heimat in Westpreußen verlassen müssen. Auf vielen Umwegen waren wir in Bad Pyrmont gelandet. Wir besaßen kaum etwas, wurden selten satt und froren erbärmlich in diesem langen kalten Winter. Unser Mittagessen durften wir uns täglich in einer Suppenküche abholen – mit einer Terrine, aus der wir auch alle aßen. Da freuten wir uns, als wir einen Brief vom Wohnungsamt erhielten mit einer Adresse, bei der wir uns drei Teller (leihweise!) abholen durften. Nach langem Klingeln wurde uns die Haustür geöffnet. Wortlos las man unsere Bescheinigung und drückte uns – ebenso wortlos – drei tiefe Teller mit den eingetrockneten Resten von Erbsensuppe in die Hand. Ich war damals acht Jahre alt und habe mich sehr geschämt. 54 Jahre später fanden wir die Bescheinigung im Nachlass meiner Mutter. Die drei Teller standen noch wohlbehalten in ihrem alten Küchenschrank.
Karin Hampe, Hann. Münden