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Was mein Leben reicher macht

Morgens im IC Köln–Leipzig. Ich döse vor mich hin. »Zugestiegene?«, fragt die Kontrolleurin. Ich reiche ihr, etwas unwillig ob der Störung, meinen Fahrausweis. Da erklingt im schönsten singenden Kölner Dialekt: »Hamma onnoch en lecker Bahnkärtsche?« Lächelnde Gesichter im Abteil – beschwingt setze ich die Reise fort.

Günter van Mark, Herford

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Schwägerin, die ihre alzheimerkranke Mutter mit großer Fürsorge pflegt. Und diese, die liebste aller Schwiegermütter, die zwar schon lange nicht mehr spricht, aber die Frage, ob der Kaffee schmecke, doch noch mit einem eindeutigen »Ja« beantwortet.

Sabine Schwieder, Ostfildern

 

Was mein Leben reicher macht

Eines Abends ging ich an einer viel befahrenen Straße entlang und hörte eine Amsel singen. Gegen den Verkehrslärm und die Dunkelheit trug sie ihr Lied vor. Es kam mir vor, als wäre ich ihr einziger Zuhörer.

Richard Herrmann, Ludwigsburg

 

Was mein Leben reicher macht

Zwei junge Männer auf der Straße. Der eine schiebt einen Kinderwagen. Sie umarmen sich voller Wiedersehensfreude, beugen sich über das Baby, lachen und strahlen über die (bärtigen) Gesichter. Ich gehe vorbei und denke, dass mich diese moderne Männlichkeit glücklich macht.

Kerstin Palzer, Magdeburg

 

Was mein Leben reicher macht

Das Frühjahr lässt auf sich warten. Ich sitze mürrisch am Küchentisch. In der Was mein Leben reicher macht-Kategorie lese ich von einem gelben Sonnenschirm, der neben einer Berliner Balkontür steht und dessen Einsatz mit Freude erwartet wird. Ich blicke aus dem Küchenfenster und stutze: Auf einem Balkon gegenüber steht ein ebensolcher gelber Sonnenschirm. Ich freue mich mit.

Svenja Post, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Die EU – wie sonst hätte ich als Deutsche in England über einen Französisch-Kurs meinen belgischen Verlobten getroffen? Jetzt leben wir multikulti in Deutschland – und am Osterwochenende heiraten wir!

Teresa Buhle, Weinstadt, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Sonntagnachmittag im Hamburger Hauptbahnhof. Endlich kommt der lang erwartete Metronom herein. Ein überfüllter Zug. Dann eine Durchsage: »Liebe Zugbegleiter. Wir möchten gerne wissen, wann dieser Zug abfahren wird. Vielen Dank, Ihre Fahrgäste!« Applaus und Gelächter im Zug, und nach wenigen Minuten eine weitere Durchsage: »Liebe Fahrgäste, hier spricht der Lokführer! Wegen der Gleissperrung haben wir noch keine Zugbegleiter an Bord. Wenn diese da sind, geht die Reise los!« Offene Kommunikation. Alle blieben ruhig und hatten Geduld.

Simone und Norbert Wolf, Zeven, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Ich war verlassen worden und fühlte mich wie in einem Loch voller Trauer. Doch dann veränderte eine Frau alles! Sie war einfach da, mit ihren lockigen Haaren, ihrer Brille, ihrer Stimme, ihren leicht abstehenden Ohren. Wir kennen uns noch nicht lange, aber in kürzester zeit hat sie alles, was vorher schwarz war, in etwas Kunterbuntes verwandelt.

Sebastian Minderjahn, Aachen