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Was mein Leben reicher macht

Donnerstag, die neue ZEIT ist da. Zuerst die letzte Seite aufschlagen und die rechte Spalte lesen. Die Texte machen mir manchmal eine Gänsehaut, lassen mich lachen oder treiben mir Tränen der Rührung in die Augen. Wie nah sind mir diese kleinen Geschichten! Näher als Euro-Krise, Krieg und Skandale.

Christa Hagel, Lindau

 

Was mein Leben reicher macht

Der Busfahrer blickt skeptisch auf den robusten Kasten in meiner Hand. »Haben Sie da eine Maschinenpistole drin?« – »Nein, eine Geige«, antworte ich und beobachte das nickende, wettergebräunte Schnauzbartgesicht. Dann sitze ich allein in der letzten Reihe, fahre durch die Wälder meiner Kindheit, und passend zu dem rhythmischen Schlaglochhüpfen des Busses höre ich mein momentanes Lieblingslied. Und bin plötzlich ganz unverschämt glücklich in meiner Welt.

Caroline Koch, Magdeburg

 

Was mein Leben reicher macht

Die unglaubliche Lebensfreude unseres dreijährigen, schwer mehrfach behinderten Sohnes, der uns beigebracht hat, uns über Dinge zu freuen, die wir früher übersehen oder als selbstverständlich genommen haben.

Peter Seizer, Tübingen

 

Was mein Leben reicher macht

Morgens zur Post, um eine Büchersendung an mein Patenkind aufzugeben. Der Postbeamte betastet das Päckchen und freut sich, dass ich ein »gebundenes« Buch verschicke. Er hat sich gerade das Gilgameschepos, in Leder gebunden, gekauft. Wir reden über schöne Bücher und die Sintflut in den verschiedenen Mythen. Was für ein Tagesbeginn!

Monika Janßen, Nettetal

 

Was mein Leben reicher macht

Die Gewissheit, dass es immer noch ehrliche Menschen gibt, die mein Handy auf dem weiten Tempelhofer Feld finden, sofort meine Anrufliste durchgehen und mich und mein Handy wieder zusammenführen.

Friederike Breitenbach, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Nähen lernen – im Rahmen des Medizinstudiums. Das auf Effektivität getrimmte OP-Team hat Geduld, der Chirurg dirigiert meine zittrige Hand. Bei der Visite am nächsten Morgen besieht der Arzt die Wunde: »Hast du schön gemacht!« Der Patient lächelt.

Maria Kraus, Cottbus

 

Was mein Leben reicher macht

Dienstagabend im Auto, Feierabendverkehr, Stau an der Ampel. Auf dem Radweg überholt uns ein Mann im Elektro-Rollstuhl, als Sozia auf der linken Armlehne eine junge Frau. Sie stützt sich auf der Rolli-Rückenlehne ab, er hat seinen Arm um ihre Taille gelegt. So viel Fürsorge – schön!

Ilka Klee, Freiburg im Breisgau

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Eltern, die nach 50 Jahren Ehe noch streiten, sich blöd finden und Tränen miteinander lachen können, eine Kreuzfahrt einfach schrecklich fanden, nun lieber wieder eine ihrer selbst organisierten Reisen nach Neufundland machen, uns Kinder leben lassen, wie wir wollen, und nebenbei auch noch die besten Großeltern meines fünfjährigen Sohnes sind.

Verena Schulz, Grabau

 

Was mein Leben reicher macht

Eine kurze Unterbrechung meines monotonen Alltags als Zusteller des Gemeindeblattes. Ein Zeitungsrohr mit einem Schild: »Bitte keine Zeitungen einwerfen – Vogelnest!«. Ich stutze, riskiere einen kurzen Blick, sehe das Nest ganz hinten im Rohr, stecke die Zeitung eben in den Briefkasten und freue mich über das friedliche Zusammenleben von Mensch und Tier.

Jan-Philip Seitz, Karlsruhe