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Willkommensgruß

Ein Willkommensplakat meiner 6-jährigen Zwillingsenkel: „Wilkomen libe Oma – wir grüsen Dech Oma – Deine Viktoria und Tim“

Hilde Strohm, Stuttgart

 

Rhetorik

Im zarten Alter von acht meinte mein ältester Sohn eines Tages zu mir, ich möge ihm verzeihen, wenn er in der nächsten Zeit häßlich und gemein zu mir sei, aber er müsse sich in der Rede üben und ich sei ja schließlich seine Mutter und liebe ihn auf jeden Fall. Ich musste sehr an mich halten, nicht laut heraus zu lachen. Heute ist er 21, stolzer Student der Geschichte und Politikwissenschaften und wirklich sehr eloquent.

Andrea Brunn, Bad Honnef

 

Was mein Leben reicher macht

Meine beiden Katzen Marie und Luise! Wenn Marie mit auf meinem Kopfkissen, Wange an Wange mit mir, einschläft und sich ihr Katzenschnurren von jetzt auf gleich in Schlaf auflöst. Oder wenn sie mir morgens, um mich zu wecken, die Pfote gegen den Mund drückt. Ein Augenaufschlag beweist: beide Katzen sind schon da! Kann man schöner geweckt werden?

Vanessa Hinsch, Oldenburg

 

Frühstück mit Emilia

Wenn mich meine Tochter Emilia Sophie (fünf Monate) morgens mit strahlenden Augen begrüßt. Und wenn wir beide dann die Mama noch schlafen lassen und ich stolz wie Oskar mit ihr ins Café zum Frühstücken gehe. Wieder zu Hause wecken wir die Mama dann mit Melange to go und kuscheln gemeinsam im Bett.

Fabio Mathias, Wien

 

Begegnung im ICE

Es gibt diese eine Begegnung, wenn Worte überflüssig sind. Blicke und Lächeln reichen aus und man weiß, dass man jemanden womöglich kennt und versteht. Sollte man trotzdem was sagen? 2. Februar 2011, kurz vor 16 Uhr am Regensburger Hauptbahnhof. Die Prüfungen sind vorbei, Zeit, nach Hause zu fahren. Der Zug fährt um 16:29 von Gleis 5. Schnell noch Kippen, Wasser und was zu Essen besorgen. Der ICE 90 kommt pünktlich an.

Am Nebentisch sitzt ein junger Mann mit seinem Hund. Es ist ein schöner, schwarz-weiß gefleckter Hund mit spitzen Ohren. Er liegt gemütlich auf dem Boden und freut sich über die Streicheleinheiten, die sein Herrchen alle paar Minuten erteilt. Ich gucke ihn an und lächele. Dann fällt mir das Herrchen auf und ich denke: „Guck mich doch an!“ – was auch passiert. Er inspiziert gerade die neu zugestiegenen Bahngäste. Sein Auto ist kaputt und er reist deswegen mit dem Zug, erzählt er dann der älteren Dame, die gerade einen Apfel schält. Wir tauschen weitere Blicke aus, direkte und indirekte (über die Fensterscheibe), ein Handy klingelt und ein Mitreisender fängt an, sehr laut zu reden – auf Englisch. Das Reden hat wahrscheinlich der ganze Wagen gehört, aber plötzlich haben wir zwei nach unten geschaut und angefangen zu lächeln. Darauf folgten ein paar grinsende Blicke und Sprache wurde überflüssig. Er holt seine Kopfhörer aus der Hosentasche und hört ein Sender der Deutschen Bahn: Pop, Rock, Jazz oder Klassik? Was? Was hörst du denn gerne?

Um 17:25 Uhr kommt der Zug in Nürnberg an. War’s das jetzt? Wo kommst du her? Wo fährst du denn hin? Wie heißt du? Ich weiß ja fast nichts. Außer: du hast ein Hund und ein kaputtes Auto, du interessiert dich für chinesische Geschichte und Kultur, sprichst höchstwahrscheinlich gut Englisch und findest es lustig, wenn sich jemand in der Öffentlichkeit mit einem selbst eingeredeten Wissen blamiert. Du hast schöne, dunkle Augen und ein wundervolles Lächeln. Du rauchst Tabak (Pueblo), eventuell ohne Filter und hattest eine lange Reise zum Ziel. Ich rauche Old Holborn mit Filter und hatte beim Kaffeetrinken im Black Bean vorgedreht, obwohl ich drei Stunden nicht rauchen konnte. Lieber Fremder, es war schön dir begegnet zu sein und dieses kleine Abenteuer mit dir zu teilen. Und nun bleibe ich so: sprachlos und grinsend.

Smaranda Campeanu, Freiburg i. BR

 

Stolz

Mein zehnjähriger Sohn und sein Team. Sie spielen Fußball und verlieren. Trotzdem spielen sie weiter und tragen das Vereinstrikot gern. Heute aber, bei einem Hallenturnier, haben sie den größten Pokal bekommen. „Gute Nacht“, wünsche ich ihm und sage noch: „Ich bin stolz auf dich. Du hast so toll gespielt!“ – „Ich bin auch stolz auf dich“, sagt er, „du hast das ganze Turnier durchgehalten und am schönsten geschrien!“

Sandy Zurikoglu Erdogan, Köln

 

Endlich Französisch lernen

Dass wir mit unseren fünfzig Jahren noch lernen dürfen, wozu wir in der Schule zu faul waren: die französische Sprache. Dank an unsere Lehrerin Heike, die sich jeden Dienstagabend Zeit nimmt, um zwei gestresste Berufstätige mit Wissen zu füttern!

Diane und Dirk Schultz, Gütersloh

 

Was mein Leben reicher macht

Das leise gehauchte „Danke!“ und der Anflug eines Lächelns im Gesicht meines Vaters. Früher war er streng und despotisch, heute ist er 91 Jahre alt und pflegebedürftig. Ich habe ihn gerade ins Bett gebracht und liebevoll zugedeckt.

Erika Oberpertinger, Brixen, Südtirol

 

Wegweiser

Bei einer Wanderung im Nordschwarzwald: der weiße, gut sichtbare Wegweiser. Er zeigt in zwei Richtungen, gibt Orte und Entfernungen an. Jetzt bin ich genau acht Kilometer gelaufen, da schaffe ich auch noch die nächsten fünf bis zum Ziel!

Rita Schallmayer, Schielberg, Baden-Württemberg

 

Was bleibt

Vor einigen Monaten ging leider meine Beziehung in die Brüche, doch habe ich den dreijährigen Sohn meiner Partnerin wie ein eigenes Kind lieben gelernt und besuche ihn daher ab und an. Jedes Mal habe ich Angst, dass er sich nicht mehr auf mich freuen könnte und ich ihm egal geworden bin. Doch schon an der Tür fällt er mir um den Hals, gibt mir einen Kuss auf die Wange und seufzt: „Ach Kai!“ Ganz leise seufze ich auch seinen Namen und lächele.

Kai Görgen, Maisach