Fünfzig Jahre lang habe ich keine Musik mehr gemacht. Jetzt singe ich wieder, in einem Quartett. Seit gestern auch mit einer Band zusammen. Probe für Route 66 und Do you love me. Es fetzt uns fast die Ohren vom Kopf, es swingt, es vibriert. Da ist es wieder, dies Zittern und die Gänsehaut. Am Ende des Saales macht einer „Wow!“
Wir beide auf der Kanzelwand. Der Blick geht hinüber zum Fellhorn. Links das Kleinwalsertal, rechts hinten Oberstdorf. Beide im Nebel versunken. Hier oben scheint die Sonne.
Ein Herbstspaziergang. Das Knistern der trockenen Blätter unter meinen Füßen, der etwas modrige Geruch nach feuchter Erde, golden strahlende Blätter tanzen im schon leicht frostigen Wind – wunderbar!
Fast haben wir den kleinen Belt in Dänemark per Segelboot überquert, da rollen von hinten immer schneller dunkle Gewitterwolken an. Also schnell in den winzigen Hafen der Insel Lyø – und mit uns ein Dutzend weitere Segler. Irgendwie quetschen sich alle gerade noch rechtzeitig in den eigentlich schon vollen Hafen. Nach einem heftigen Schauer dampft die grüne Insellandschaft, leckere Gerüche strömen aus allen Kombüsen, die Kinder genießen ihre Freiheiten und angeln Seesterne aus dem Hafenbecken – dänische Sommerstimmung. Nach einem kitschigen Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch wird auf einem Boot die Gitare ausgepackt und der ganze Hafen singt mit. Paradiesisch!
Dass meine Nichte mich Tante Rina nennt. Schon als Kind wollte ich zu Hause nicht Karina gerufen werden, das „Ka“ erschien mir zu hart. Dann kam meine Nichte, und nichts auf der Welt war selbstverständlicher für sie, als Tante Rina zu mir zu sagen. Danke, Mottemaus!
Sonntagmittag. Am Morgen habe ich vom Tod meiner alten Mutter erfahren, bin jetzt unterwegs zu meinem Heimatort. Auf einem leeren Vorstadtbahnhof warte ich auf den Anschlusszug. Neben mir sitzt ein junger Mann. Trägt er eine Baseballkappe? Weite Hosen? Ich nehme ihn kaum wahr. Einmal begegnen sich kurz unsere Blicke. Die Zeiger der großen Uhr über dem Bahnsteig scheinen stillzustehen, noch immer ist unser Zug nicht in Sicht. „Soll ich Ihnen gleich Ihre Tasche tragen?“, fragt mich der Junge. Ein unerwarteter Trost.
Wenn ich morgens im Frühnebel, einer roten Sonne entgegenfahrend, eine vom Lieblingsbruder aufgenommene CD mit 83 buntgemischten Liedern höre und mich zunehmend dem kommenden Arbeitstag gewachsen fühle. Wenn ich dabei laut mitsinge und die Männer im Lieferwagen nebenan verblüfft gucken, weil diese alternde Blondine gar so komisch aussieht.
Alle zwei Monate das Telefonat mit meiner Oma: „Nächstes Wochenende komme ich mal wieder nach Hause. Kann ich Samstag zu euch zum Mittagessen kommen?“ – „Oh schön, was willst du denn essen?“ – Ich (wie immer): „Bratkartoffeln und Spiegelei.“ Allein beim Aussprechen meines Oma-Leibgerichts wird mir ganz warm im Bauch.