Jedes Mal, wenn Wildgänse in wunderbaren Formationen über meinen Garten flogen, ließ ich alles aus meinen Händen gleiten und schaute ihnen sehnsuchtsvoll nach. Welch eine Freiheit: Hoch oben zu fliegen und irgendwo hinter der deutsch-deutschen Grenze zu landen. Seit über 20 Jahren habe ich nun auch diese Freiheit. Heute verzaubern mich vorbeiziehende Vogelschwärme noch immer. Aber mit einem anderen Gefühl: einem von großem Glück.
Sonnenblumen, ein Geschenk der Vögel, die die Samen vom Nachbargrundstück in unseren Garten trugen. Täglich erfreuen wir uns an den fünf prächtigen Pflanzen mit ihren zahlreichen Blüten. Inzwischen hat für die Vögel die Erntezeit begonnen. Welche Freude, ihnen dabei zuzusehen!
Der Spätsommer daheim: Das Mittelmeer kann wieder ein paar Monate warten, man spürt das Herbstlicht, ohne es schon zu sehen, und dennoch ist die Zeit, Rilkes Herbsttag aus dem Bücherregal zu nehmen, noch nicht gekommen.
Ich schaue aus dem Fenster und beobachte die Kolibris, wie sie, übergroßen Insekten gleich, selbst noch bei Nieselregen von Blüte zu Blüte schwirren. Tief in den Blütenkelchen lockt köstlicher Nektar, den sie mit ihrem Schnabel heraussaugen. Ein Anblick, der mich auch nach sechzehn Jahren noch mit Staunen und Freude erfüllt!
Ein paar Wochen nach der Geburt meines Sohnes, meine Gefühle fahren Achterbahn. Immer wieder muss ich grundlos weinen, gespannte Stille im Wohnzimmer, wo mein Sohn schläft und mein Mann, meine Mutter und ich herumhängen und nicht wissen, wie wir diese eigenartige Stimmung überwinden sollen. Da brummt eine dicke Fliege durch den Raum. Unsere Blicke folgen ihr unwillkürlich. Mein Mann aber, der sonst eine sehr seriöse Art hat, schnappt mit einer Handbewegung nach der Fliege, schüttelt die Faust mit großer Geste hin und her, wirft sich die angebliche Fliege in den Mund, kaut und – schluckt. Eine Pantomime offenbar, mit der er uns zum Lachen bringen will. Doch: Wir hören die Fliege nicht mehr! Sollte er tatsächlich…? Später gibt mein Mann zu, dass er selber überrascht war, als er die Fliege plötzlich in seinem Mund spürte. Und dass er seine Show dann auch zu Ende bringen wollte. Nur, um mich aufzuheitern. When a man loves a woman…
Rente mit 65. Die Kinder aus dem Haus. Die Mopedsammlung aufgelöst bis auf eine: Mit der roten Kreidler Florett, Baujahr 1959, fahre ich über die Alpenpässe nach Italien. Kleines Gepäck. Auf dem Sellapass weine ich vor Glück.
Nach 24 Jahren erfolgreicher Arbeit in derselben Firma: sechs Monate Kurzarbeit, sechs Monate Insolvenz, hundert Kollegen entlassen. Ich bekomme die Chance zu einem Neustart in der neu formierten Firma. Angst, Unfrieden, Zukunftssorgen, psychischer und physischer Stress. Aber jetzt: Endlich Urlaub und die Seele baumeln lassen. An der Ostsee. Hurra!
Vor zehn Monaten habe ich eine völlig verstörte Zwergkaninchendame aus dem Tierheim aufgenommen. Jeden Annäherungsversuch hat sie mit Knurren (das können Kaninchen!), Kratzen und Beißen beantwortet. Inzwischen kommt sie vertrauensvoll zu mir gehoppelt, um sich Streicheleinheiten abzuholen. Und: Diese Rubrik finde ich super. Notorischen Schwarzsehern wie mir zeigt sie zumindest hin und wieder das Positive im Leben. Ich werde mir jetzt ein Heft anlegen, um alle Momente, die unter die Überschrift „Was mein Leben reicher macht“ fallen, festzuhalten.
Letzte Woche war es endlich soweit: Ich sitze mit einem Glas Rotwein im Garten und schaue in den Sternenhimmel. Plötzlich sehe ich eine Sternschnuppe – die erste in 34 Lebensjahren. Vor Jahren schon habe ich mir für diesen Moment einen Wunsch überlegt. Jetzt muss er nur noch in Erfüllung gehen.